
Lars Wasserthal – Leadership-Lektionen eines Zirkusdirektors
In dieser Episode von Einfach Erfolgreich begrüßen wir einen Gast, der die Welt der Manege mit der des Unternehmertums verbindet—Lars Wasserthal. Wir tauchen in ein
In dieser Episode von Einfach Erfolgreich begrüßen wir einen Gast, der die Welt der Manege mit der des Unternehmertums verbindet—Lars Wasserthal.
Wir tauchen in ein spannendes Gespräch ein und beleuchten die fundamentalen Unterschiede zwischen der Führung in der Künstlerwelt und in klassischen Unternehmen. Lars teilt mit uns, warum Künstler eine andere „Leidensfähigkeit“ besitzen und wie die Leidenschaft ihre Arbeit antreibt—weit entfernt von Homeoffice und Gleitzeit-Modellen.
Wir erfahren, wie Lars es schafft, mit Empathie, Klarheit und einer beeindruckenden Gelassenheit ein internationales Team von hochtalentierten Individualisten zu einer harmonischen und emotionalen Show zu formen. Sein Geheimnis—radikale Akzeptanz und die immer wiederkehrende Frage: „Wie machen wir jetzt weiter?“
Dieses gelungene Gespräch ist für jeden eine Inspiration, der Menschen führt und verstehen möchte, wie man mit einer klaren Vision, aber flexiblen Wegen, gemeinsam Großes schaffen kann.
Welche Erkenntnis nimmst Du aus diesem Gespräch für Deine Führungsrolle mit? Lass es uns gerne in den Kommentaren oder auf LinkedIn wissen.
Hajo Sandschneider: Herzlich willkommen zurück hier im Einfach Erfolgreich Podcast, heute wieder mit einem, ich glaube ich sage das jedes Mal, wirklich spannenden Gesprächspartner. Ich habe Lars Wasserthal eingeladen, kürzlich erst kennengelernt und wer das ist, sage ich gleich sofort, Lars ist staatlich geprüfter Diplom-Fachschauspieler, hat er mir gerade im Vorgespräch kurz gesagt.
Das ist schon ein Titel das ist aller Rede wert, aber er macht noch sehr viel mehr. Also, Lars jongliert seit Jahren meisterhaft zwischen Kunst, Pädagogik und Unternehmertum. Als Regisseur, ich glaube Clown warst du nicht wirklich, aber hat sich hier irgendwie so ganz—
Lars Wasserthal: Habe ich auch schon.
Hajo Sandschneider: Warst du auch schon, genau.
Und vor allem Zirkusdirektor. Führt er nicht nur die Kinder durch die Manege, sondern auch Teams durch kreative Prozesse. Du siehst dich dabei nicht als Big Boss, hast du gesagt, sondern eher als Bindeglied und du sagst, ich bin immer nur eine WhatsApp entfernt. Das hat mich am Freitag wirklich begeistert.
Wo andere Führung planen lebt er sie mit Taktstopp Trapez und Timing. Ich habe das selten erlebt, so pünktlich und so akkurat in der Vorbereitung jetzt. Und seit einigen Jahren schon verzauberst du nicht ganz alleine, sondern mit einem großen Team das Paderborn und das Umfeld. Groß und kleine Menschen mit dem Paderborner Weihnachtszirkus.
Und in der Artistenszene habe ich gelernt, ist das mittlerweile weit über deutsche Grenzen hinweg sehr anerkannt und genießt auch entsprechend hohes Ansehen. Es ist mir eine große Ehre, dich hier bei uns begrüßen zu dürfen, lieber Lars.
Lars Wasserthal: Dankeschön. Schön, dass ich da sein darf. Dankeschön.
Hajo Sandschneider: Genau. Und jetzt erzähl doch mal, du bist natürlich Zirkusdirektor, damit auch irgendwie Unternehmer und hast mir gerade eben erzählt, mindestens seit 25 als Regisseur auch irgendwie in der Führungsrolle—eben nicht nur Schauspieler, der Texte runterplappert. Was sind für dich die größten Unterschiede zwischen Leadership in der Künstlerwelt und dann im Unternehmen, klassisches Unternehmen, weiß ich gar nicht, ob du das mal kennengelernt hast, aber Künstlerwelt und Unternehmertum?
Lars Wasserthal: Eltern sind ja klassische Unternehmer gewesen. Also die hatten so eine Elektrofirma mit, ich weiß gar nicht, 18 Angestellten oder so weiter. Also mir ist das durchaus nicht fremd was da früher, als wir klein waren, was da am Abendsbrotstisch dann hin und her geworfen wurde und wie schwierig oft das war.
Und das war früher. Also ich glaube, es ist nicht einfacher geworden. Also der große Unterschied sind natürlich die Menschen, mit denen man arbeitet, weil Künstler, glaube ich, generell eine andere Leidensfähigkeit haben. Haben von Natur aus. Du wirst ja nicht von heute auf morgen Künstler oder entscheidest dich so, ich studiere jetzt Kunst und ich mache das dann und dann habe ich mindestens bei Einstiegsgehalt ist immer so und dann habe ich in acht Jahren das und so denkt ja kein Künstler.
Ein Künstler, das kommt ja immer aus irgendetwas und das hat halt immer ganz, ganz viel mit Leidenschaft zu tun und Leidenschaft hat ja nicht umsonst das Wort Leiden mit drin und ich glaube, das macht den größten Unterschied. Also die Art der Menschen, mit denen man arbeiten darf. Also…
Hajo Sandschneider: Okay. Also du hast mit unterschiedlichen Menschen zu tun und deswegen ist deine Führung, dein Leadership-Verständnis auch unterschiedlich. Ist denn das wirklich so, dass die Künstler… Also Klischee-Denken. Künstler können ja auch diese schöngeistigen Menschen sein, die den ganzen Tag irgendwie auf dem Rücken liegen wie die Wolke und dann greifen sie doch mal zum Jonglierball.
Das ist ja für mich nicht notwendigerweise mit dem Leiden verbunden. Ich verstehe schon, was du sagst, dass da zur Meisterschaft auch ein bisschen Übung gehört. Und Übung, also…
Lars Wasserthal: also Künstler ist natürlich ein sehr, sehr weit gefasstes Feld. Also natürlich, da gehören auch die dazu, die tatsächlich… Die Freiheit und die Ruhe und die Gelassenheit brauchen, bis Kreativität kommt und bis dann ein Buch sich schreibt oder bis eine Geschichte sich erzählt oder bis ein Gedicht entsteht.
Das ist eine andere Form der Kunst als zum Beispiel meine Frau, die da irgendwie Hochleistungsartistik macht und irgendwie sechs Stunden am Tag trainiert und ihren Körper aufs Äußerste strapaziert. Das sind natürlich völlig unterschiedliche Arten von Kunst. Am Ende sind es aber dann alle irgendwie unter diesem Haufen Künstler zusammengefasst.
Was ich meinte mit der Leidensfähigkeit, weil Kunst natürlich—also meine Mutter, ich glaube, alle kennen diesen Begriff der brotlosen Kunst. Meine Mutter war nicht sonderlich glücklich, dass ich Künstler geworden bin am Anfang. Meine Mutter, muss ich dazu sagen, ist Steuerberaterin gewesen. Und das, also bevor sie dann meinen Vater kennengelernt hat und dann in dieses Firmengeschäft einstieg und so, aber das ließ meine Mutter natürlich nie los.
Also immer dieser, dieser buchhalterische Gedanke, meinem Sohn soll es gut gehen, der soll was Anständiges lernen. Als ich der sagte, ich werde jetzt Schauspieler und ich gehe ans Theater und ich verdiene da irgendwie 3,50 Euro und muss da von morgens bis abends, also und ich fand das großartig. Also ich weiß, mein allererstes Engagement damals in Bremen, da habe ich, und ich meine, das war Staatstheater.
Also ich habe gleich Staatstheater, das ist ja schon relativ weit oben im Regal und ich habe bekommen pro Monat 1.100 Euro. Das war alles. Und da hast du eine Sechstagewoche. Von morgens um 8 bis abends um 11 bist du im Theater. Du siehst den Sonnenaufgang nicht, du siehst den Sonnenuntergang nicht, du weißt nicht, was in der Presse ist, du bist den ganzen Tag im Theater.
Hajo Sandschneider: Steuerberater ist natürlich direkt am anderen Ende der Klischee-Kette.
Lars Wasserthal: das stimmt wohl.
Hajo Sandschneider: Okay, ja, bei dem Betrag ist ja auch fast egal, ob Brutto oder Netto.
Lars Wasserthal: ja, das stimmt alle.
Hajo Sandschneider: Du hast am—also ich habe dich jetzt eingeladen, weil wir am Freitag beim gleichen Event waren, New Work Night. Und das wird, wenn der Podcast online geht, wird das schon ein paar Wochen her sein. Hast du so einen schönen Vortrag gehalten, wo du Einblicke, Parallelen eben zu New Work, zu Artistenwork gegeben hast? Wenn du jetzt in ein klassisches Büro blickst, was fällt dir da als erstes auf, beziehungsweise welche Parallelen ziehst du oder wo knirscht es? Das sieht spannend aus, würde ich auch gerne mal erleben, aber…
Lars Wasserthal: Also ich hatte, das ist ja im Grunde das, was ich auf dieser Konferenz da erzählt habe. Da ging die Fragestellung ja im Grunde genau in die gleiche Richtung. Also wie führe ich Menschen? Also wie sehe ich das als Geschäftsführer eines Entertainment-Unternehmens? Wie führe ich da meine Leute irgendwie? Und was könnten sich dann vielleicht andere Branchen davon dann vielleicht abschneiden?
Darum ging es ja irgendwie grob. Und jetzt bin ich natürlich nicht mehr der Jüngste. Ich bin jetzt Mitte 40 und ich kriege natürlich mit, wie diese heranwachsende Generation, die jetzt in den Beruf startet oder gerade gestartet ist, mit was für Anforderungen die, also tatsächlich mit was für Anforderungen die in den Beruf starten und nicht was für Anforderungen der Beruf mit sich bringt.
Also das war die Fragestellung, die mir damals gestellt wurde.
Hajo Sandschneider: Hm.
Lars Wasserthal: Werde ich den Anforderungen des zukünftigen Arbeitgebers gerecht, sondern das geht heute zunehmend in die andere Richtung. Und das finde ich befremdlich, muss ich tatsächlich sagen. Also ich verstehe es so, dass die neue arbeitende Generation Arbeit als etwas begreift, womit man sich Freizeit leisten kann.
So habe ich das, glaube ich, gesagt. Also das ist im Grunde…
Und deswegen kämpfen die für, ich möchte Homeoffice haben, ich möchte Gleitzeit haben, ich möchte Work-Life-Balance, ich möchte so und so viel Tage frei haben, ich möchte so viel wie möglich irgendwie, weil ganz, ganz viel in der Freizeit heutzutage passiert, was früher einfach auf Arbeit passiert ist. Da hast du deine Freundin kennengelernt oder deine Freunde kennengelernt, mit denen bist du abends weggegangen, du warst irgendwie den ganzen Tag mit denen zusammen und das passiert anscheinend immer seltener, sondern man arbeitet, um Geld auf dem Konto zu haben, um dann um 16 Uhr seine Freunde zu treffen, die man eigentlich woanders her kennt.
Oder so verstehe ich das irgendwie. Und das sind natürlich alles Anforderungen an einen Job, die bei uns einfach nicht gehen. Also es funktioniert faktisch einfach nicht. Und also ein Trapezkünstler im Homeoffice—wie soll das gehen? Oder Gleitzeit oder irgendwie sowas. Freies Wochenende. Ich weiß gar nicht, wann ich das letzte freie Wochenende hatte in meinem…
Hajo Sandschneider: Obwohl in der Corona-Zeit haben wir das schon gesehen, irgendwelche… Ja.
Lars Wasserthal: das stimmt.
Hajo Sandschneider: und sonst… Da…
Lars Wasserthal: da hatte ich sehr viele freie Wochenenden, da hast du recht.
Hajo Sandschneider: Ja.
Lars Wasserthal: Naja, aber weil unsere Branche eben genau dann arbeitet, wenn alle anderen frei haben. Also…
Hajo Sandschneider: genau, ich…
Lars Wasserthal: komme gerade direkt aus einer Show, also ich habe gerade bis 19 Uhr, habe ich gerade noch gespielt, war noch ganz schnell beim Einkaufen, weil der Laden zugemacht hat und jetzt sitze ich hier in meinem Büro—Wohnwagen.
Hajo Sandschneider: Genau, im Wohnwagen. Ja.
Lars Wasserthal: Ich sitze tatsächlich im Wohnwagen, meine Family ist zu Hause und wartet auf mich, da bin ich dann aber erst zum Wochenende hin. Also…
Hajo Sandschneider: also du relativ spät noch im Wohnwagen und ich, der Hintergrund ist auch anders, sitze im Hotel, weil ich bin auch ganz gerne da, wo der Kunde mich hat und es ist morgen eben sehr weit weg von zu Hause. Das gehört ja auch, in meiner Welt gehört das dazu, wie soll ich sagen, ich empfinde vieles von dem, was ich machen darf mit meinen Kunden als absolutes Privileg, Menschen in der persönlichen Veränderung zu begleiten.
Wie geht gelungene Kommunikation? Also ich mag das wirklich und ja, ich mag meine Familie auch und da bin ich dann eben auch Richtung Wochenende wieder, wie du das so sagst. Und das geht halt nicht mit dieser freizeitorientierten Schonhaltung bei der Arbeit, wie ich es schon mal gehört habe.
Lars Wasserthal: Auch ein schönes Wort.
Hajo Sandschneider: Und dieser, dieser…
Ich nenne es jetzt mal unbedingte Wille zur Leistung. Also du hast gerade eben von deiner Frau gesprochen, die auch, das ist ja wirklich krass, was die mit ihrem Körper und ein paar Utensilien, also das tut mir, es fasziniert beim Zuschauen, aber wenn ich mir vorstelle, ich müsste das machen, dann habe ich vom Zusehen doch schon Schmerzen.
Das funktioniert nicht, aber dieser Leistungsgedanke, Wille, das ja doch irgendwie spielerisch ist und eben dieses Künstler-Dasein. Was können wir davon lernen? Oder wie kann das gehen, diese Begeisterung, diese Leidenschaft?
Lars Wasserthal: Ich bin der festen Überzeugung, dass jeder in sich in irgendeiner Form eine Leidenschaft hat oder hatte und so in seinen Beruf oder ihren Beruf gestartet ist. Das heißt, irgendwann haben wir uns alle, ob es in der Schulzeit oder in der Ausbildung oder wann auch immer, irgendwann haben wir uns die Frage gestellt, wie wird mein Weg sein?
In was bin ich gut? Was könnte mir Spaß bringen, den Rest meines Lebens zu machen? Wenn ich an meine Freunde denke, die dann irgendwie nach dem Abitur, dann sind welche super langweilig, haben dann Jura studiert, aber weil die eben so einen Gedanke dahinter hatten, also ich möchte unbedingt Anwalt werden und so weiter.
Und die sind heute Anwälte und sind tolle Anwälte. Und andere, bei denen es länger gedauert hat, weil die irgendwie von den Eltern dann irgendwie durch drei Studiengänge durchgezwungen wurden, bis sie dann irgendwann gemerkt haben, eigentlich möchte ich Videospiele programmieren und das heute mega erfolgreich machen.
Also jeder von uns hat ja irgendwann diesen Punkt, wo man sagt, okay, was möchte ich werden, wo will ich hin und so weiter. Mir ist natürlich klar, nicht jeder wird Künstler, sondern es muss auch alle anderen Menschen geben. Aber das macht man ja auch mit einer gewissen Überzeugung und einer gewissen Leidenschaft, weil man sagt, ich glaube, das könnte mir Spaß bringen.
Daran kann ich Spaß finden. Das kann ich den Rest meines Lebens machen. Und…
Hajo Sandschneider: Spaßfaktor gehe ich sofort mit und tatsächlich, wenn ich heute irgendwen, wer mich dann fragt, ob in der Familie oder sonst wo oder nochmal Mitte, Ende 20, Karrierewechsel, ich würde auch sagen, find raus, was dir Spaß macht. Also such irgendwas, was du tun würdest, ohne diesen Gedanken von Geld, nach Geld, sonst irgendwas. Finde ich toll und am Ende des Tages bist du Unternehmer. Der Weihnachtszirkus kommt, wir werden da gleich noch schön Werbung für machen und das ist wirklich eine tolle Show. Also dieses Jahr weiß ich noch, die habe ich noch nicht gesehen. Die letzten Male war es wirklich, wirklich, wirklich mega cool. Und wirklich was Besonderes.
Aber das würde dieses Jahr nicht stattfinden, wenn die letzten Jahre nicht auch wirtschaftlich irgendwie ein bisschen erfolgreich gewesen wären. Also einmal kann man es machen mit roten Zahlen, ein zweites Mal nicht.
Lars Wasserthal: gehst du in solche Produktionen immer mit ganz, ganz viel Vorschuss. Und wir hatten, ich glaube, wir hatten auch immer ganz viel Glück. Aber ich glaube, das ist generell bei erfolgreichen Künstlern hat Glück auch immer viel Raum. Also wenn ich überlege, ich hatte es vorhin kurz gesagt zu dir, als wir noch nicht aufgenommen haben.
Ich habe so viele Kollegen, die besser sind als ich. Und das weiß ich. Also ich weiß, dass die bessere Schauspieler sind als ich. Und ich weiß, dass sie besser singen können oder besser tanzen können. Ja. Aber ich hatte das große Glück, dass ich in meinem Leben zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Leute kennengelernt habe, die mich dann gelassen haben oder gesagt haben, mir einen Job gegeben haben.
Dich finde ich toll, du darfst das machen, du darfst das machen, du darfst jetzt Regie machen und so wird man ja weitergereicht im Leben. Und das ist beim Künstler ganz, ganz oft so, dass dann da ist viel Glück mit bei. Und so eine Produktion wie der Weihnachtszirkus, da haben wir natürlich sehr viel—also ein Kollege aus, da unten wo du jetzt bist, in der Nähe von Worms, der sagte zu mir im ersten Jahr, wir haben ja in Corona gestartet, also im Ausläufer von Corona 2021, wo in ganz Deutschland noch alles zu war.
Ja. Haben wir an unserer Show festgehalten und gesagt, sie muss raus, sie muss auf die Bühne. Das war uns als Künstler so wahnsinnig wichtig, dass diese Show gespielt wird. Und ich glaube, diese Leidenschaft, die sprang dann über aufs Publikum und binnen kürzester Zeit haben wir in Anführungsstrichen alle Tickets verkauft, die wir verkaufen durften.
Wir durften nicht voll machen. Natürlich steht dahinter immer ein, wie heißt das so schön bei euch, Businessplan. Ja, also am Ende ist es eine Excel-Tabelle, wo man sagt, okay, also was glaube ich, was ich wohl einnehme und was glaube ich, was ich wohl ausgebe. Und wenn da am Ende eine schwarze Zahl steht, ist das echt gut. Und wir hatten das große Glück, dass wir im ersten Jahr plus minus null gefahren sind. Also tatsächlich mit, ja…
Hajo Sandschneider: das unter den Vorzeichen.
Lars Wasserthal: unter den Vorzeichen und vor allen Dingen, wir haben ja unfassbar viele Anschaffungen gehabt. Also ganz viele Sachen, die wir dann im zweiten Jahr nicht mehr anschaffen mussten.
Irgendwelche Weihnachtshütten, die Böden oder irgendwelche Teppiche. Also ganz viele Sachen einfach, die wir dann hatten fürs zweite Jahr, die man dann nicht mehr ausgeben musste. So, ne? Und jetzt steht man breitbeinig da.
Hajo Sandschneider: Genau, das ist cool und es sind ja immer noch die Artisten und die sind ja, ich weiß gar nicht, ich glaube, die sind gar nicht—also es sind jedes Jahr andere, deswegen glaube ich mal nicht, dass sie angestellt sind, sondern ihr werdet ja noch irgendwie einkaufen. Das heißt, die dürfen ja auch durch euch motiviert werden, das für den Weihnachtszirkus Richtige zu tun, sodass sie strahlen können und das, was sie gut können, so machen.
Aber da ist ja dieses kommerzielle, also Kunst trifft auf kommerzielles Interesse oder ich würde sagen die Notwendigkeit, die auch jeder Wirtschaftsbetrieb kennt. Also diese Excel-Tabelle, gut, irgendwann muss man, ist das mehr als eine Excel-Tabelle? Ich glaube ja nicht an Businesspläne, weil die Realität ist halt das Entscheidende und ihr habt sehr viel richtig gemacht, aber jetzt bist du Unternehmer und hast ja mit diesen künstlerischen Menschen zu tun.
Wie passt das zusammen, wenn ich das richtig verstanden, wenn du das sagst, nicht immer diese Finanzbrille aufsetzen, sondern diese Ich-bin-Künstler-Brille.
Lars Wasserthal: kenne genügend Künstler, die niemals in der Lage wären, eine Steuererklärung abzugeben oder nicht richtig abzugeben. Ich kenne Geschichten, die sind einfach haarsträubend, weil es auch so traurig gleichzeitig ist. Also ich hatte einen Schauspieler, der kam zu mir und sagte, ich habe ein Problem, kannst du mir helfen?
Ich sagte, was ist denn los? Ich habe meine Steuererklärung abgegeben. Ich sagte, ja und? Das Finanzamt hat gesagt, ich soll alle meine Quittungen abgeben. Okay. Und was hast du getan? Ja, ich habe die alle in eine Mappe gemacht, bin dann zum Finanzamt und habe die da in den Briefkasten gesteckt. Und jetzt sagen die, das ist nicht angekommen. Und ich sage, und du hast alles—also alles, alle deine Originale, jede Rechnung egal was, das ist da. Ja, was mache ich denn jetzt? Ich sage, jetzt hast du ein Problem. Also, so, das, ja, naja, und das sind so die Menschen, mit denen ich oft zu tun habe. Das heißt, man verhandelt mit denen eine Gage aus und sagt, okay, das verdienst du am Tag, das sind deine Aufgaben am Tag, dann und dann musst du da sein, du bist dann dran in der Show, mach dies, das, jenes, das macht alle Spaß.
Und dann sage ich am Ende so, jetzt hätte ich gerne eine Rechnung von dir. Und gucken mich alle an, wie, eine Rechnung? Ja, eine Rechnung halt. Ich meine, deutsche Künstler, die wissen, was eine Rechnung ist, aber ich habe ja so wenig Deutsche. In Österreich wird das schon schwer. Und so einem Kolumbianer zu erklären, wie eine rechtskonforme Rechnung aussieht, ich schreibe sie dann einfach selber irgendwann.
Also ich gebe mir da eine Steuernummer her, ich schreibe jetzt hier eine Rechnung und dann steht da irgendwie Invoice drauf und dann ist da das. Hauptsache ich weiß, wo das Geld hin ist. Was du mit der Rechnung machst, ist mir am Ende egal. Also ich meine, ich ahne, was er mit der Rechnung macht, aber ja, was.
Hajo Sandschneider: okay. Dann mal anders. Wie schaffst du, wenn das so sehr sozusagen, nein, das ist ja nur das Organisatorische. Es darf ja am Ende irgendwie eine Gesamtshow bei rauskommen. Und wie sorgst du dafür, dass sich jeder gesehen fühlt, eingebunden fühlt, aber eben nicht nur fühlt, sondern auch das macht, worüber ihr mal so gesprochen habt?
Lars Wasserthal: also das ist ja die Aufgabe des Regisseurs am Ende. Am Anfang steht natürlich der Produzent, meine Frau und ich, im Produktionsteam, die diese Künstler an Bord holen und dann geht es tatsächlich einfach um Fachliche, wie viel Geld kriegst du, wann reist du an, in welchem Hotel schläfst du und wie sind die Konditionen. Und dann, wenn das Künstlerische losgeht, dann muss man tatsächlich mit den Künstlern immer sehr, sehr feinfühlig sein.
Das heißt, also ich will jetzt nicht sagen, man läuft rum und wie auf Eiern—bei manchen schon—weil man sehr genau darauf achten muss, was man sagt, wie man es sagt, damit man am Ende das kriegt, was man möchte. Und ich glaube, was uns auch in der Künstlerwelt einen sehr, sehr guten Ruf eingebracht hat, ist, alle Künstler, die auf der Bühne mit uns gemeinsam stehen, merken, dass Sabrina und ich, also meine Frau und ich, aus genau dieser Szene kommen.
Auch wenn wir jetzt die Produzenten sind, kommen wir genau von da. Und wir machen das mit einer solchen Leidenschaft, dass ich—und das ist tatsächlich kein Spruch—ich genieße jede einzelne Sekunde auf dieser Bühne. Ja, also gerade beim Weihnachtszirkus, weil das so groß ist und so besonders und so hoch emotional zu einer so besonderen Zeit auch im Jahr, das springt über. Das springt in der Arbeit der Regie über, wenn ich einfach da sitze und eine Szene inszeniere mit den Sängern und den Tänzern. Und ich sage, und jetzt müsst ihr noch ein bisschen weiter nach vorne, könnt ihr jetzt mal ein bisschen blaues Licht und so weiter. Und dann kommt der Artist dazu.
Und wenn mir im Publikum alleine, ich da im Dunkeln, wenn mir dann die Tränen laufen und die Künstler das sehen, also dann habe ich die. Das ist so.
Hajo Sandschneider: Und an der Stelle, erzähl doch mal, was das Besondere am Weihnachtszirkus ist. Weil ich finde es, also es ist anders als der Zirkus, den ich aus meiner Kindheit kenne. Und ich komme aus Düsseldorf, da waren größere Zelte, als ich sie bis dato in Paderborn gesehen hatte.
Lars Wasserthal: Also Weihnachtszirkus an sich gibt es ja schon sehr, sehr lange. Also fast jede Stadt in Deutschland hat mittlerweile einen Weihnachtszirkus, was im Grunde nichts anderes bedeutet als Zirkus zur Weihnachtszeit. Und das heißt, wir haben sehr, sehr wenig mit anderen Weihnachtszirkusunternehmen gemeinsam, weil wir etwas so Besonderes schaffen.
Wir machen bei uns in Paderborn eine Mischung aus Musical und Varieté-Show. Und das gibt es halt so nirgendwo. Und das macht es so besonders. Und wir können auch nicht unendlich groß werden. Ich wurde gefragt, tatsächlich, klar, wollen wir ein größeres Zelt, wollen wir mehr Leute, bla bla bla. Aber weil wir das eben so besonders machen, ist es wichtig, dass der Schauspieler, die Schauspielerin, der Sänger, was auch immer, diese Emotionen auch wirklich noch bis zur letzten Reihe senden kann.
Wenn du irgendwann auf einem Konzert in der 20. Reihe sitzt, dann verliert es sich irgendwann, wenn du dann über Videoleinwände guckst, dann verliert es diesen emotionalen Hauch, den wir haben. Und das macht unseren Weihnachtszirkus sehr, sehr einzigartig und besonders und hoch emotional tatsächlich.
Hajo Sandschneider: die Emotionen kann ich bestätigen, also letztes Jahr haben wir in der zweiten Reihe gesessen und das war, also da sind die Emotionen definitiv angekommen und davor waren wir ein bisschen weiter hinten, da sind sie auch angekommen. Ähm, letztes Mal war glaube ich Cinderella letztes Jahr, ne?
Lars Wasserthal: Letztes Jahr war Cinderella.
Hajo Sandschneider: Und da wird die Geschichte erzählt, es ist sogar eine, nicht dieser erhobene Zeigefinger, aber eine schöne Moral war dann auch irgendwie dabei, wo auch der, unser Kleiner, der ist jetzt, wird jetzt sechs, also war damals dann so fünf, hat er noch ein bisschen von gezerrt, würde ich sagen.
Okay, wir sind eigentlich, du hast gesagt, mit den Künstlern müsstest du sehr, wenn es dann ums Künstlerische geht, wie mit rohen Eiern sie behandeln, ich hab mir aufgeschrieben hier gerade, adressatengerecht wäre jetzt mein Vokabular, kommunizieren, wo hast du das gelernt?
Lars Wasserthal: Im Grunde durch die harte Schule. Also wenn du… Ich habe beim Theater gelernt, wie man mit uns umgeht. Und am Theater werden Schauspieler nicht so geil behandelt. Also da bist du in Anführungsstrichen, auch wenn du der bist, der am Ende auf der Bühne steht, bist du gefühlt das letzte Glied in der Kette. Du hast keine Gewerkschaft, du hast kein gar nichts.
Dir gehört weder dein Körper noch deine Zeit. Und dir wird ganz genau. Ich hatte eine Regisseurin, also sie war eine tolle Regisseurin, gar keine Frage, aber die war so genau, die hat dir exakt gesagt, mit welchem Fuß du losgehen sollst. Das war dann irgendwann so mechanisch, also da war so, da verliert sich die Spielfreude irgendwann, finde ich. Das mag bei mir ein Einzelfall gewesen sein, dass das so war, aber ich fand mich da sehr… In sehr, sehr straffen Strukturen am Theater wieder. Und als ich dann ins Regiefach gewechselt bin bei Shows und dachte, okay, jetzt muss ich den Regisseur machen und habe diese Sprache, die ich kannte vom Theater, bei Artisten und bei Künstlern im Showgeschäft angewandt, das hat genau acht Sekunden gedauert, da haben die mir nicht mehr zugehört.
Da war sofort Streit. Da wurden die laut. Und wie redest du mit uns? Also das war die harte Schule. Und dann musst du schnell lernen. Du musst schnell lernen zu sagen, okay, warte, ich habe einen Fehler gemacht, das tut mir leid, ich fange nochmal von vorne an. Und das ist wichtig. Also tatsächlich verstehen, warum…
Was auch immer, ob es der Ton war oder der Satz war oder irgendwas jemand anderem wehtut, das ist ja wie in jeder Beziehung, ist das ja, die Stärke zu haben, zu sagen, ja, hast recht, war gerade falsch, wollen wir ganz kurz nochmal zurückspulen, ich mach nochmal von vorne und dann so. Und das war, so habe ich das gelernt, also learning by doing.
Also im Grunde ist es ja dasselbe, weil ich selber Künstler bin und war, da stelle ich mir selber die Frage, wie möchte ich denn, dass man mit mir redet? Also wenn ich mir vorstelle, ich komme mit einem Act, also ich habe jetzt irgendwie gerade irgendwie Monte Carlo gewonnen und komme jetzt hier mit dem Sonstwie-Act an, der ist so und so und der Regisseur sagt mir, kannst du den Act verändern?
Ähm…
Und dann sagst du, ja, aber warum denn? Also warum soll ich den Act jetzt anders machen? Ich meine, ich habe die höchste Auszeichnung der Welt dafür gerade bekommen. Warum sollte ich jetzt irgendwas daran ändern? Und das ist halt das Ding, also dass man dann sagt, ja Mensch, aber guck mal in unsere Geschichte und so weiter.
Also du bist ja so ganz, bist immer so ein bisschen am, und könnte man nicht und so, überleg mal und so. Und naja, so ist das. Also auch jetzt gerade, ich bin ja jetzt auch in der Vorproduktion für unsere jetzige Wintershow. Und ich habe da eine Handstand-Äquilibristin, die schon sehr viele Jahre im Geschäft ist und auch schon sehr, sehr viele Sachen…
Hajo Sandschneider: über eine Hand stand, was?
Lars Wasserthal: Entschuldigung, Handstand-Äquilibristin. Also sie steht Handständen auf so einem Requisit und dabei verbiegt die sich. Also die steht nicht nur im Handstand, sondern macht dir dann noch die Beine durch die Dings und dann hast du die Füße hier und so. Also Handstand-Äquilibristin, so heißt das. Und ja.
Hajo Sandschneider: Das schaue ich nach, wie man das schreibt.
Lars Wasserthal: Mit Q auf jeden Fall. Und bei der ist es zum Beispiel so, dass ich gesagt habe, ich muss leider deine Musik ändern, weil sie hat normalerweise tritt sie zu Joe Cocker auf, was ein Megabrett ist, was aber null zu „Die Schöne und das Biest“ passt. Und dann bist du am Rumschleichen um die und sagst, ja, aber guck mal und so weiter.
Nee, aber das wurde extra für mich und bla bla. Ich sage, naja, extra für dich, Joe Cocker weiß ich nicht. Aber ich habe sie jetzt soweit, ich habe jetzt eine Produktion im Studio laufen, ich habe einen Komponisten, der das komponiert für sie und so weiter. Ich schicke ihr jetzt immer die ganzen Sachen.
Nee, das ist ganz…
Hajo Sandschneider: da ganz viele Sachen raus. Ich versuche das mal in meine Worte zu… Also du hast es selber erlebt, du weißt, wie es geht. Also diese goldene Regel, was du nicht willst, was man dir tut, das füge auch keinem anderen zu, höre ich da so ein bisschen raus.
Lars Wasserthal: Absolut.
Hajo Sandschneider: In die eigenen Schuhe reinschauen. Ich höre auch raus, dass du bereit bist…
Also richtig oder falsch. In meiner Welt gibt es das schon irgendwie, aber ist im Zwischenmenschlichen halt meistens schwierig. Ist mir gar nicht so wichtig, aber du bist bereit, Feedback entgegenzunehmen und darauf zu reagieren und zwar in einer anderen Weise als das Gleiche nochmal in lauter zu sagen, sondern du bist bereit, an deiner Nase, an deiner Kommunikation anzusetzen, um ein anderes Ergebnis zu haben.
Du bist, das habe ich schon auch rausgehört, also Kommunikation auf Augenhöhe, ja klar, anerkennen, hey, toller Preis. Du weißt allerdings auch, als Regisseur gesprochen oder als Produzent, weiß ich gar nicht, aber was zur Show passt oder nicht passt, bist klar in deinem Ziel und flexibel auf dem Weg, dein Ziel zu erreichen und am Ende gemeinsam, weil du ja deine Handstand, also die Dame, die tolle Sachen mit ihren Händen macht, willst du ja auch gut in Szene setzen.
Sie soll ja auch Spaß dran haben und das Publikum begeistern können, finde ich. Ja, spannend. Die Offenheit, wo kommt die her? Dass du es nicht persönlich nimmst, wenn jemand deine brillante Art zu kommunizieren nicht im ersten Ansatz auch toll findet.
Lars Wasserthal: Ich glaube, ich habe mir schnell angewöhnt bei Rückschlägen jedweder Art, also auch und besonders im Privaten zum Beispiel. Also wenn irgendetwas passiert, kein Ahnung, also simples Beispiel, ich fahre mit dem Auto irgendwo gegen oder meine Frau fährt mit dem Auto irgendwo gegen und ich sitze auf dem Beifahrersitz zum Beispiel.
So, dann kenne ich gefühlt acht von zehn Pärchen, die dann streiten. Weil die sich dann gegenseitig die Schuld in die Schuhe schieben. Hast du nicht gesehen? Hast du mal was sagen können? Wie fährst du dein Auto? Wo hast du den Führerschein? Was weiß ich? Keine Ahnung. Und meine Frau und ich, wir haben uns tatsächlich angewöhnt.
Wir gucken, also in solchen Situationen dann guckt man sich an und sagt, Scheiße, kann es jetzt nicht mehr ändern. Wie machen wir jetzt weiter?
Hajo Sandschneider: Ich…
Lars Wasserthal: im Grunde auf alles. Also ich kann ja nicht ändern, wie du dich fühlst. Das Kind ist im Brunnen. Ich habe gerade etwas gesagt, ohne Absicht, mit Absicht, was auch immer.
Aber in dem Moment fühlst du dich gerade so. Ich muss das aushalten, weil ich dir das Gefühl ja nicht wegnehmen kann. Ich kann also nicht sagen, und das ist etwas, was grundwichtig ist, glaube ich, in Menschenführung, zu akzeptieren, dass derjenige sich gerade so fühlt. Ob gerecht oder nicht oder nachvollziehbar oder nicht, ist völlig Latte, der fühlt sich jetzt gerade so, ich will das natürlich nicht, weder als Chef noch als Mensch und ich muss das ändern.
Und die Frage ist, bin ich bereit dazu, mich zu verändern, meine Kommunikation zu ändern, die Anforderungen zu ändern, den Auftrag zu ändern, was auch immer, um das Ergebnis, das Endergebnis zu kriegen, was ich eigentlich will.
Hajo Sandschneider: Guck mal, morgen stehe ich im Trainingsraum und erzähle ungefähr das mit wahrscheinlich weniger geschickten Worten.
Lars Wasserthal: Und…
Hajo Sandschneider: es genau darum geht, auch das eigene Ego mal ein bisschen hinten anzustellen. Also nicht, weil ich falsch bin, sondern weil der Weg offensichtlich noch nicht der richtige war. Ich habe vergessen, wo, aber ich habe vor ein paar Wochen radikale Akzeptanz als neues Wort in meinen Wortschatz aufgenommen.
Vorher war es immer ja, ja, also das, was du gesagt hast, ich kann es ja nicht ändern, ich kann es nur akzeptieren, aber mit dieser Bereitschaft radikal akzeptieren, was nun mal im Leben schon ist, um es vielleicht dann auch anders zu gestalten, finde ich. Aber mich würde es doch nochmal interessieren, hast du das gelernt oder ist das ein Naturtalent, das Ego so leicht nach hinten zu stellen und was Neues auszuprobieren?
Lars Wasserthal: glaube, ich bin ein empathischer Mensch. Das hilft natürlich, dass ich mich schnell in Menschen reinversetzen kann und sagen, okay, warum fühlt er sich gerade so? Was ist gerade schiefgelaufen? Okay, meine Frau ist deutlich emotionaler und nicht so schnell, wenn es darum Akzeptanz teilweise geht. Sie sagt ganz häufig, fang nicht schon wieder an mit, ich kann dich ja verstehen. Weil das offensichtlich, so wird mir das ja von meiner Frau gespiegelt, ganz häufig der Anfang einer Deeskalation, eines Deeskalationsgesprächs bei mir, dass ich halt sage, ich kann das verstehen, dass das gerade so und so ist, weil so und so und so, kann alles verstehen, aber lass uns ganz kurz über das eigentliche Problem sprechen.
Und das, ja, aber das hilft nicht. Ich glaube, das ist tatsächlich Talent. Ich weiß nicht, ob man Empathie lernen kann. Man kann es üben.
Hajo Sandschneider: Die theoretische Antwort ist, ja, es gibt unterschiedliche Arten der Empathie. Es gibt die affektive Empathie, die bringst du sozusagen mit von der Wolke, also wenn ich das richtig verstanden habe, und es gibt die kognitive Empathie. Ja, genau. Ich mag sie, kann man nämlich ausstellen, an Stellen, wo es gar nicht dienlich ist.
Und bei der affektiven Empathie geht dann die Emotion schon mal höher. Und wenn wir schon bei Persönlichkeitsstrukturen sind, wenn die Emotionen dann auch noch ausgelebt werden wollen, dann sprechen wir wahrscheinlich von höherer Volatilität. Das ist die Bereitschaft und Fähigkeit, insbesondere die negativ oder als negativ empfundene Emotionen schnell und intensiv zu fühlen und lange drin zu bleiben. ist man vielleicht nicht sofort bereit für das Deeskalationsgespräch.
Lars Wasserthal: solche Menschen kennen wir alle, oder? Also, da gibt es genug von.
Hajo Sandschneider: Künstlerklischee würde das ja sogar auch noch…
Lars Wasserthal: Ja, also da gibt es auch da, klar, da gibt es genug, wo du sagst, lass den jetzt erstmal kurz den Glühwein trinken, bevor du mit dem redest. Auch das gibt es. Also ich meine, Künstler bedienen reihenweise Klischees. Also dieses, das gibt es in diesen ganzen alten Hollywood-Streifen, gibt es so Sätze, die ich bis heute höre, folgen: Ich kann so nicht arbeiten, ich bin in meinem Wohnwagen. Das höre ich tatsächlich, bis heute.
Hajo Sandschneider: ernst gemeint, also ich kann so nicht arbeiten, ist ja…
Lars Wasserthal: Künstler sind oft hochemotional und die verbinden ihre Arbeit mit ihrer Persönlichkeit. Das heißt, wenn du irgendetwas an der Arbeit auszusetzen hast, dann nehmen die das persönlich. Als wenn ich sage, du bist ein Arschloch, und das habe ich nicht gesagt, nicht gemeint.
Und das ist natürlich etwas, was du lernen musst. Du musst halt lernen zu sagen, das kannst du so nicht sagen. Warte, was will ich eigentlich erreichen? Und das heißt, du fängst dann an wie diese Hollywood-Agenten. Du sagst, weißt du was, es war großartig. Es war einfach großartig. Weißt du, was deine Nummer noch einen Ticken großartiger machen könnte? So. Ah.
Hajo Sandschneider: weißt du was, Lars? Ich war noch nicht in Hollywood, aber ich habe mal ein Praktikum in San Francisco gemacht, damals als Student. Und das fühlt sich wirklich cool an. Also ich habe den letzten Scheiß zusammen programmiert, würde ich heute sagen. Und mein Betreuer hat gesagt, hey, das war wirklich großartig.
Guck mal hier, was du da gemacht hast und das funktioniert ja auch schon fast. Und maybe you want to tweak this a little bit. Und ich bin rausgegangen wie der größte Held und habe danach, Moment, also das…
Lars Wasserthal: war das gar nicht.
Hajo Sandschneider: ja eigentlich. Also ich habe wirklich die ersten zwei Monate, glaube ich, gebraucht festzustellen, dass ich einen Einlauf nach dem anderen bekommen habe, aber halt nicht.
Lars Wasserthal: Ja.
Hajo Sandschneider: am Ende war es halt richtig und hat dann auch funktioniert. Ganz so muss es ja nicht sein. Ich bin schon ein Freund, klar zu sein in dem, was ich möchte. Und die Ansprache muss ja nicht in Worten so klar sein wie, verstehe es endlich mal, sondern das Ziel darf klar sein. Wobei ich das schon cool fand, dass du am Freitag Dinge, von denen ich ausgehe, dass sie nicht jedem im Raum gefallen haben, relativ deutlich, sehr charmant und freundlich, wie wir dich jetzt hier auch schon kennengelernt haben, aber sehr deutlich und klar angesprochen hast. Das hast du hier gerade eben auch einmal schon mal probiert, bevor ich das Thema gewechselt habe.
Aber die Sache mit den Arbeitszeiten. Möchtest du das nochmal bringen, wie das bei euch so läuft? Und wie ist deine Wahrnehmung nach in der New-Work-Ecke so läuft?
Lars Wasserthal: also es ist natürlich so, die die ganzen Menschen, die jetzt da sitzen und sagen, ich möchte, ich möchte Gleitzeit, ich möchte Work-Life-Balance, Life-Life-Balance, was weiß ich von der Balance und ich möchte freie Wochenenden, ich möchte von zu Hause arbeiten, nicht mehr gekommen, man will nicht zur Arbeit. Das sind halt alles Regeln, das mag in Büros vielleicht in irgendeiner Form denkbar sein, aber selbst da stelle ich mir das schwierig vor.
Also auch als Chef zu sagen, wie stelle ich denn sicher, dass die Mitarbeiter müssen auch miteinander arbeiten. Wann ist denn mein Büro erreichbar? Was schreibe ich denn auf die Webseite? Rufen Sie einfach an, wir gucken, ob wir rangehen. Ich weiß es nicht. Es ist schon mindestens schwierig, auch im normalen Beruf, glaube ich, für so einen Geschäftsführer mit diesen ganzen Befindlichkeiten zu jonglieren.
Gerade was die Arbeitszeiten angeht. Auch wenn der Weg vielleicht gerade in diese Richtung ist, aber für uns ist das halt völlig undenkbar. Also aus so vielen Gründen. Also die Show ist um sieben, Punkt. Die Show ist um sieben. Die ist nicht fünf nach sieben, die nicht fünf vor sieben, die ist nicht um zehn, die ist um sieben.
Um sieben sitzt das Publikum im Saal und erwartet, dass die Show losgeht. Also geht die Show los. Und dieses Selbstverständnis von allen Künstlern, wir sind alle früher da, wir sind vorbereitet, wir machen unseren Dings und so weiter, die gehen am Tag vorher ins Fitnessstudio, dass die so aussehen, wie die aussehen und rocken dann die Show und freuen sich dann und danach ist dann Freizeit. Aber diese ganzen Begrifflichkeiten von Gleitzeit, Homeoffice und Co. sind für uns halt so fremd, weil es ja nicht funktionieren würde. Also welche Show funktioniert denn, wenn ich dem Publikum sage, der Trapezkünstler kommt heute nicht oder später oder aber dafür tritt er morgen zweimal auf. Also das macht ja keinen Sinn.
Und vor allen Dingen, es würde ja genau den Leuten nicht gefallen, die genau das von ihrem Arbeitgeber fordern. Also genau die jungen Leute, die sagen, ich möchte aber Gleitzeit, ich möchte das alles, sonst arbeite ich nicht, sonst bleibe ich im Hartz IV, keine Ahnung. Und oder ich suche mal einen anderen Arbeitgeber oder was weiß ich, genau die würden uns ja dann boykottieren und sagen, was für eine Scheißshow, der Trapezkünstler ist nicht mal aufgetreten.
Genau so einen Kommentar schreiben die dann bei Google rein. Und das macht es ja so ambivalent, also dass man dann sagt, ja, okay, aber hast du dann wenigstens ein bisschen Verständnis dafür, dass dein, auch wenn es vielleicht in einem Versicherungsbüro theoretisch möglich ist, ob du nun um sieben anfängst oder um acht anfängst, ist dem Chef vielleicht jetzt nicht so wichtig, aber ob du noch am Vormittag da bist oder so, oder das sind so, ist schwierig. Also ich, dass dann also, dass diese Akzeptanz auch der Geschäftsführung oder der Firma gegenüber, dass die auch verstehen, es ist halt nicht alles so einfach.
Also es klingt alles immer so schön, aber ich glaube nirgendwo im Leben, weder hier noch in der Politik, einfache Lösungen, einfache Antworten waren noch nie die richtigen.
Hajo Sandschneider: Ja, und ich glaube, wenn es so einfach wäre, wie es manchmal klingt, dann gäbe es das Problem auch nicht mehr, sondern dann wäre es einfach aus der Welt.
Lars Wasserthal: wir würden es einfach alle machen.
Hajo Sandschneider: Genau, also deswegen, ich merke die Klarheit, mit der du bestimmte Dinge ansprichst und habe das Gefühl, dass du dich auch in einem Gespräch mit einem Künstler durchsetzt.
Lass mal einen Schritt weiter gehen. Es ist ja ein relativ bewegliches Umfeld. Auch nun jedes Jahr eine neue Show, aber manchmal passiert hier zwischendurch auch ein bisschen was. Also wie schaffst du das Vertrauen und ein bisschen Verlässlichkeit in so einem beweglichen Umfeld aufzubauen? Vielleicht fangen wir mal damit an.
Was passiert, wenn ein Artist, die haben ja bestimmt keinen schlechten Tag, aber wenn er dann mal einen schlechten Tag hätte, wie würdest du damit umgehen? Unter dem Deckmantel Vertrauen, also unter dem Überschrift Vertrauen sozusagen.
Lars Wasserthal: Also du meinst schlechten Tag im Sinne von Leistung oder von Laune? Also ich meine, das eine ist ja…
Hajo Sandschneider: Ach so, ich hätte jetzt, also, boah, Laune, nein, nicht diese normale Laune, hey, ich spreche dich erst um 13 Uhr an, ich bin halt morgen Muffel. Den Teil meine ich nicht, sondern es kann ja, manchmal passiert, also das, was du eigentlich kannst, klappt dann nicht.
Lars Wasserthal: na klar, ich muss ja rausfinden, woran es liegt. Also am Ende liegt das an irgendwas Schlimmerem. Also klar, wenn dann irgendwie… Keine Ahnung, der Abschlusstrick ist dann irgendwie der, weiß ich nicht, dreifache irgendwas und der klappte immer. Ich hatte im zweiten Jahr, als wir im zweiten Jahr da waren, hatte ich einen Hochseilartisten, also es hieß nur Drahtseil, Hochseil ist noch höher, aber Drahtseil, ungefähr auf drei Meter oder so, der darüber balanciert ist und der große Abschlusstrick von ihm war ein, warte, lass mich lügen, Rückwärtssalto.
Ein Rückwärtssalto, also quasi blind gesprungen und dann wieder dieses Seil treffen. So, das war sein Abschlusstrick. Und erste Woche lief das, jede Show, immer. Und das wurde dann immer schlechter, also es wurde immer weniger, bis er dann irgendwann tatsächlich auch böse gestürzt ist beim Landen und sich auch wehtat.
Und dann musste man natürlich dann irgendwann gucken, woran liegt denn das eigentlich? Und dann zapft man natürlich verschiedene Kanäle an. Okay, wer kann gerade mit ihm gut? Dann hat er seine Freundin da und so weiter. Ist da irgendwas? Beschäftigt den irgendwas? Also woran kann das liegen? Oder ist irgendwas Körperliches?
Kann ich helfen? Weil am Ende will ich ja erstens, dass die Show funktioniert, aber ich will ja auch, dass dem Artisten gut geht. Ich will ja nicht, dass er sich da zu Tode stürzt wegen irgendwas. bei ihm zum Beispiel habe ich tatsächlich, wie dein Lehrer da in San Francisco, ich habe halt dieses, der ist rausgekommen, der hatte eine Laune, unfassbar, klar.
Sein Trick hat nicht funktioniert, der ist rausgekommen, wollte am liebsten irgendwie da hinten irgendwo reinboxen und ich bin zu ihm gegangen, boah, der Act war so toll, hast du gemerkt, wie die Leute abgegangen sind? Ja, aber ich habe den Salto nicht geschafft. Ich sage, ist doch egal, du hast es zweimal versucht, die Leute stehen da draußen, was willst du denn mehr? Oh ja, hast du recht. dann ihn so aufbauen und dann und zum Schluss ging es dann wieder.
Hajo Sandschneider: Okay,
Lars Wasserthal: Also manchmal ist dann so dieses, manchmal bin ich Papa, manchmal bin ich Psychiater, manchmal bin ich bester Freund und manchmal bin ich auch einfach Chef. Also manchmal muss ich tatsächlich Chef sein, also wenn ich da irgendwelche Leute habe, wo ich sage, Alter, habe ich gerade wirklich gesehen, dass du mit Kaugummi auf der Bühne warst? Also dann kann ich auch nicht, dann kann ich auch nicht mehr empathisch sein. Also es gibt so Sachen, wo man sagt, ich…
Hajo Sandschneider: gäbe es dann auch eine klare Ansage, egal was das für eine Primadonna ist?
Lars Wasserthal: Also ich bin ja nie unhöflich, aber man sagt, du, es gibt so Sachen, dass, ich weiß gar nicht, wusste gar nicht, dass ich das sagen muss. Aber ich glaube, dass unsere Art oder meine Art hinter der Bühne ist halt ganz viel, ich bin genauso aufgeregt wie du. Ich will genauso wie du, dass diese Show, dass dein Act funktioniert, dass wir am Ende alle gemeinsam im Finale stehen und das Publikum aufsteht, Standing Ovations, dafür arbeiten wir.
Natürlich arbeiten wir auch für Geld, aber eigentlich arbeiten wir für die Standing Ovations. Weil das ist…
Hajo Sandschneider: ja, das Geld, damit ihr es dauerhaft machen könnt.
Lars Wasserthal: ja, das wäre toll. Ja, naja, klar.
Hajo Sandschneider: ich habe dieses Bild immer im Kopf, Bus steht, schöneres Morgen, da fährt er hin. Wenn du den Bus nicht tanken kannst, kommst du beim schöneren Morgen nicht an. Und um den Bus auftanken zu können, brauchst du das Geld. Und ich glaube auch, dass kein—also ohne dass das Geld fließt, würde ich auch nicht arbeiten. Manche Sachen würde ich für manche Sachen, die ich machen darf, würde ich sogar bezahlen. Und ich möchte fast wetten, du würdest auch dafür bezahlen.
Lars Wasserthal: Ja.
Hajo Sandschneider: In der Manege stehen.
Lars Wasserthal: erinnere mich, ich habe jetzt ja vier Dernieren schon gefeiert am Weihnachtszirkus und ich weiß, also das ist immer meine schlimmste Show quasi, also emotional schlimmste Show, die letzte. Also wenn du über diese Bühne gehst und du machst alles und du denkst immer, so eine kleine Stimme läuft die ganze Zeit mit dir mit und sagt, du machst das gerade zum letzten Mal, weil also was wir da kreieren, ist ja nicht wiederholbar.
Hajo Sandschneider: Wie?
Lars Wasserthal: diese Kombination mit diesen Künstlern, dieses Stück, diese Lieder wird so in dieser Folge nie wieder zusammenarbeiten, zusammenarbeiten.
Hajo Sandschneider: weiß gar nicht, die letzte Show ist immer so um den 10. Januar, 7., 8. irgendwie.
Lars Wasserthal: Genau, also dieses Jahr, also diesen Winter ist es der 7.
Hajo Sandschneider: Und ich glaube, die erste Show ist irgendwann Anfang, Mitte, also auch so um den 10. Bitte?
Lars Wasserthal: Ja.
Hajo Sandschneider: Wann fangt ihr vorher an? Also jetzt nicht Konzept, also wann fangt an zu üben sozusagen? Weil du fängst wahrscheinlich jetzt im Geiste schon die 27er Show an zu planen, aber.
Lars Wasserthal: ein Jahr weiter. Aber die, na gut, also… Also Artisten kaufst du ja ein. Das heißt, die üben ja quasi immer. Die haben ihren Act, mit dem du sie einkaufst. Die meisten Artisten sind jetzt ja bereits in einem anderen Engagement, kommen von denen zu uns, haben, wenn sie Glück haben, haben sie zwei Wochen frei zwischendurch.
Wenn sie Pech haben, haben sie sechs Wochen oder sechs Monate frei zwischendurch und kommen ohne Kohle. Und das sind halt die Artisten. Die Sänger tatsächlich, die Musical-Darsteller, die fangen jetzt so langsam an. Ich habe das Skript zur Hälfte fertig. Das heißt, die kriegen jetzt die ganzen Texte, die kriegen die Lieder, die können sich schon anfangen reinzuhören und so weiter.
Hajo Sandschneider: Okay, wenn du sagst, einfach mal so zwei, drei Monate hast du, sprich das ist ein Baby, was du länger als ein halbes Jahr ins Leben gebracht hast, was dann in dieser DNA-Show zum…
Lars Wasserthal: also wirklich zusammenkommen tun wir tatsächlich erst zehn Tage vorher, also wir bauen zwei Wochen vor Premiere, fangen wir an die ganze Anlage aufzubauen, also einfach händisch das Zelt da hinzustellen und zu schmücken und so weiter und dann zehn Tage vor der Premiere kommen die ganzen Künstler zusammen, das erste Mal sehen die sich alle und dann wird dann auf drei verschiedenen Sprachen dieses Stück zusammengeschrieben.
Hajo Sandschneider: Lars, wie schaffst du das? Das ist ja doch irgendwie ein kreatives Umfeld, ne? Auch wenn das Stück zusammengeschrieben ist, da wird nicht mehr so viel Platz sein für textuelle Veränderungen. Auf der anderen Seite kann ich mir vorstellen, dass die eine Darstellerin oder ein anderer Darsteller auch noch gute Ideen hat, wie es auch noch geht. Also so ein kreatives Umfeld, wie schaffst du da gleichzeitig Struktur, Verlässlichkeit doch zu etablieren?
Lars Wasserthal: das ist tatsächlich ganz, ganz häufig so, dass Künstler an mich herantreten und sagen, was hältst du davon? Wäre das nicht lustiger oder wäre das nicht besser? Oder bei der letzten Show haben die das so und so gemacht. Finde ich irgendwie cooler als das, was ihr jetzt hier vorhabt oder so. Also das ist ja nie uneigennützig, wenn ein Künstler auf dich zukommt.
Ein Künstler möchte sich immer im besten Licht sehen und das ist natürlich ein irrsinniger Vorteil. Das heißt, die Leute kommen ja, also die Ideen, die sie haben, sind zumindest in deren Köpfen immer, es macht meinen Act besser, es macht die Show besser. Und ich muss dann filtern und sagen, okay, wir haben die Zeit dafür, das zu ändern.
Also weil die Premiere ist dann, ob wir wollen oder nicht. Wir haben die Mittel, es zu ändern. am Ende muss ich mich natürlich auch künstlerisch davon überzeugen. Manchmal sage ich, okay, zeig es mir. Also wenn ich die Zeit habe, zeig es mir. Was macht es anders? Und dann kann ich entscheiden, nee, ich fand es anders doch geiler. Und dann muss ich den Künstler wiederum davon überzeugen, glaub mir, ich kenne das Publikum, die werden das so lieben. So, aber ganz häufig sitze ich dann da auch und denke, du hast recht. Klar, du machst dein Act seit 20 Jahren. Ich sehe den jetzt seit zwei Tagen. Natürlich weißt du, wenn an der Stelle eine Stille ist, was dann schon passiert ist, als du in Chicago aufgetreten bist, als du in Simbabwe aufgetreten bist oder in Kuba.
Dann, die bringen ja einen ganzen Rucksack voll Erfahrungen mit. Ich habe jetzt, ich darf jetzt im Oktober… Darf ich im Apollo-Varieté in Düsseldorf Regie führen? Und die sind immer so wahnsinnig knapp dran mit Künstlern buchen. Wir buchen ja immer zwei Jahre im Voraus und das Apollo-Varieté macht das immer sehr kurzfristig. Das heißt, wir haben tatsächlich erst letzte Woche unseren Comedian gekriegt.
So, und mit dem hatte ich telefoniert und der stellte mir genau diese Fragen. Ja, also wie viel er denn selber, ob er auch mitreden darf und so bei den Acts und so. Und da habe ich im Grunde genau das gesagt. Ich sage, am Ende kennst du deinen Act besser als ich. Ich bin vielleicht als Regisseur, aber eben auch bin ich derjenige, der auf die Zeit guckt und sagt, wir haben aber jetzt nicht die Zeit, das alles umzustellen.
Oder dein Act ist aber zu lang, wir müssen da irgendwie ran. Und ich kann ja dann nur sagen, ich habe dein Act jetzt auf Video gesehen, ich habe ihn jetzt live gesehen und ich sage, die und die und die Stelle, wenn du die kürzt, das ist nicht weniger witzig, aber es ist kürzer. Und dann kann er mir sagen, ja, aber das ist aber mein Lieblingspart im Ding, das kann ich nicht, was anderes weglassen.
Und dann sage ich, ja, dann zeige ich es mir kurz anders, aber wir müssen irgendwas dran machen. So und da müssen wir uns halt irgendwie finden, aber natürlich, ich arbeite ja sehr, sehr gerne mit Künstlern zusammen, also, weil nur zusammen entsteht ja etwas.
Hajo Sandschneider: Ich habe ja die Frage nach der Struktur im kreativen Umfeld gestellt. Letzten Endes habe ich rausgehört, du hast die Struktur im Kopf und bist sehr bereit, Kreativität walten zu lassen, wo die…
Lars Wasserthal: Also, weil Künstler, also en gros, im Grunde keine Struktur haben. Ne, also die…
Hajo Sandschneider: müssen sie ja nicht, das ist ja dann auch deine Aufgabe.
Lars Wasserthal: mit dem Act und damit ist gut und ich habe die Show im Kopf, ich habe den Anfang im Kopf, ich habe das Ende im Kopf, ich habe diesen großen roten Bogen, den ich spannen, geschichtlich spannen will, auch emotional spannen will vor allen Dingen und dann sage ich, okay, also wir sind jetzt da oder wir sind da in der Geschichte und deswegen ist es ganz, ganz wichtig, dass du das und das sagst oder das und das, das muss passieren, weil dann passiert das und das im Publikum.
Versteht ihr, was ich meine? Und dann sitzen die Künstler da, ah ja, alles klar und das ist, das ist natürlich, also meine Struktur muss ich natürlich dann da reinbringen und dann fallen da überall die ganzen Künstler rein.
Hajo Sandschneider: hast du mir meine nächsten beiden, zwei Fragen kaputt gemacht. Ich lese mal vor. Was ist dir lieber, ein perfekter Plan oder eine gute Improvisation? Ich glaube, das hast du gerade schon beantwortet. Oh, guck mal, beim Wort Improvisation, jetzt muss ich aber einen weiten Rückschritt machen. Ich habe dich ja gefragt, ob du es gelernt hast oder nicht oder doch, dein Ego zurückzustellen, andere Ideen und nicht persönlich nehmen.
Ich habe mal einen sehr coolen Impro-Tag oder mehrere davon erlebt. Da ist ja dieses „Yes, and“. Also das hilft ja extremst dabei. Andere Meinung, gell?
Lars Wasserthal: Das ist tatsächlich die schönste Theaterübung, die ich kenne. Also Improvisationstheater, die habe ich selber sehr, sehr gerne, also auch selber gerne gespielt. Zum Warmwerden macht man das gerne so beim Theater. Wenn man, keine Ahnung, du hast so eine Matineevorstellung morgens um neun Uhr und alle gucken so, weißt du. Da musst du dich irgendwie warm spielen und dann spielst du das.
Und das sind natürlich auch Sachen, die habe ich auch damals, als ich darstellende Spiele unterrichtet habe, mit den Kindern immer gerne gemacht. Weil das natürlich, das ist so toll. Du darfst nicht Nein sagen. Alles, du musst alles annehmen. Es ist immer Ja.
Hajo Sandschneider: nutze das als Kreativitätstechnik.
Lars Wasserthal: Es ist großartig. Und das ist natürlich auch etwas, das kannst du ein Stück weit in deinem Leben und deiner Arbeit ja übernehmen.
Im Grunde, da sind wir wieder dabei, das ist so toll, was der da macht. Was hältst denn davon? Wird das dadurch vielleicht noch ein Ticken geiler?
Ja.
Hajo Sandschneider: wenn ich das so richtig rausgehört habe, nur in der Vorbereitung Improvisation als Skillmittel für den Abend, kein Platz. Auf gar keinen Fall.
Lars Wasserthal: Also unvorbereitet in eine Show zu gehen. Also ich kenne Kollegen von mir, die das wirklich perfektioniert haben. Ich kenne Agenturen. Ich habe jahrelang mit solchen Agenturen zusammengearbeitet. Also wenn meine Frau jemals diesen Podcast hören sollte, die wird jetzt grinsen und weiß, wen ich meine, weil wir beide für die gleiche Agentur gearbeitet haben, die ausschließlich mit Improvisation gearbeitet hat.
Und ich fand das immer ganz, ganz fürchterlich. Also nicht zu wissen, worauf man sich einlässt. Einfach, okay, hier sind acht Künstler. Hier ist die Firma, die mit euch feiert. Euch einen schönen Abend. Ich bin weg. Und das war nie meins.
Hajo Sandschneider: ihr bringt ja wirklich Emotionen raus und macht, glaube ich, zwei Shows, an vielen Tagen macht er wirklich zwei Shows am Tag.
Lars Wasserthal: Also jeden, außer Heiligabend.
Hajo Sandschneider: und wie viel ist denn einfach nur Show und wie viel ist dann das, was man auf euren Gesichtern sieht, doch auch noch echt? Weil ich bilde mir schon ein, auch echte Rührung wahrgenommen zu haben, beide meinen oder der anderen. Aber es kann natürlich auch einfach nur eine gute Show gewesen sein. Ich weiß es nicht. Auch dann wäre es ja okay.
Lars Wasserthal: ich muss sagen, also bisher habe ich in keiner Show auch nur einen einzigen Künstler gehabt, der in irgendeiner Form abgebrüht war und sagt, ich mache das jetzt hier fertig, ich grinse dann, wann ich grinsen soll, ich sage den Satz dann, wann ich ihn sagen soll und dann gehe ich nach Hause. Solche Künstler hatte ich zum Glück noch nicht auf der Bühne und ja, als Schauspieler als Darsteller, aber eben ich glaube auch als Artist am Ende, weil das ja auch kleine Stücke sind, die sie da spielen.
Also es gibt ja irgendwie, wenn Duos da in der Luft Aerials machen, dann sind das kleine Liebesgeschichten und so weiter, die immer wieder vom Neuen erzählt werden und neu gelebt werden wollen. Und der Act ist nur deswegen gut, weil er neu gelebt wird. Und wenn ich etwas sage auf der Bühne, gerade diese emotionalen Sätze, also meine Eröffnungsrede vom letzten Jahr, wo ich gesagt habe, geht in Euch und jeder von uns hatte mal diesen Cinderella-Moment.
Also bin ich gut genug und so? Diese Sätze in dem Moment, die muss ich mich selber fragen. Genau. Nur in diesem Moment, das ist nicht… Ja, es ist auswendig, aber es ist natürlich, ich muss sie in dem Moment leben und fühlen.
Hajo Sandschneider: Ja.
Lars Wasserthal: sonst funktioniert es nicht. Und so zieht sich so eine ganze Show durch und deswegen ist natürlich auch und dann besonders das Finale einfach hoch emotional.
Und da stehe ich dann, wenn du da stehst und diese Show ist zu Ende und du stehst da, der Glitterregen kommt und so weiter und dann siehst im Publikum, wie die Leute aufstehen. Wie oft ich da mit den Tränen kämpfe, weil das so schön ist. Es gibt kein schöneres Gefühl. Das ist, ja, weil es das höchste Lob ist.
Hajo Sandschneider: das mal, was du eben beschrieben hast, dass du selber dir die Frage stellen musst, selber. Beim Method Acting habe ich das mal als „tap into the emotion“ gehört. Also du sollst da nicht als Darsteller komplett abtauchen. Das können ja auch belastende Emotionen sein. Aber du musst mit einem dicken Zeh in dem Eimerchen drinstehen und es halt echt, also noch kontrollieren, dass du eben nicht abstürzt.
Eine Bühne ist keine Therapie war der andere Spruch.
Lars Wasserthal: Ja.
Hajo Sandschneider: Aber du musst es halt echt. Okay, tatsächlich hätte ich mir die Frage selber beantworten können, aber du findest die schöne Antwort. Wo du ein bisschen aus dem Nähkästchen plauderst. Was ist denn das Verrückteste, was du auf Tour, im Zirkuszelt oder wo auch immer, was du da erlebt hast, ohne es bereut zu haben?
Lars Wasserthal: Das Verrückteste.
Hajo Sandschneider: Oder was wirklich verrückt ist. Das muss ja nicht immer der Superlativ sein.
Lars Wasserthal: Also, ich erinnere mich an eine, das ist schon sehr, sehr lange her, das ist am Theater damals passiert. Die Eröffnungsszene von unserem Theaterstück, was wir da gespielt haben, wir haben „Das Kalte Herz“ gespielt und ich war eigentlich ein Böser. Also meine Rolle war irgendwie so ein Böser. Aber weil es halt so ein Kindermärchen war, war man ja irgendwie nicht so wirklich böse. Und das Erste, was wir taten, war, wir mussten als Ensemble, glaube ich, mit vier Köpfen durch den Vorhang gucken.
So, und dann sprachen wir mit den Kindern. Und weil ich so groß bin, hatte ich eine Kollegin auf meinen Schultern sitzen, dass sie möglichst hoch war. Und dann hatte ich noch zwei unter mir und ich war der Zweite von oben. So, jetzt haben wir dann miteinander gesprochen. Weil das erste Ding ist vom ganzen Theater stehen, bin natürlich hinter dem geschlossenen Vorhang, das Orchester spielt, du hörst draußen die Leute, das Licht geht aus, die Kinder schreien, alles ist toll.
Ich gehe in die Hocke, um sie auf meine Schulter zu lassen und in dem Moment reißt mir die Hose. Aber volle Lotte. Einmal hinten hoch. Und ich merke das. Meine Kollegin hinter mir fängt schon an. Rauch auf die Schulter. Da denkst du, du musst jetzt so. Ich denke erstmal nur an diesen Moment. Und während ich da durchgucke und meinen Text aufsage und mit einem halben Gedanken die ganze Zeit an meine Hose denke, denke ich, wie sieht denn das jetzt aus?
Und das Schlimmste war, ich hatte so einen olivgrünen Irgendwas-Anzug an und ich hatte zu dem Zeitpunkt eine schwedische Freundin. Die schwedische Freundin war sehr nationalstolz und hat mir an dem Morgen eine gelbe Boxershorts mit diesen blauen schwedischen Kronen drauf geschenkt. Die hatte ich an. Da drunter.
Ja. Und dann ist es so, ich habe die auf den Schultern und ich weiß, gleich geht dieser scheiß Vorhang auf. Und ich kann nirgendwo hin, ich stehe mitten auf der Bühne und hinten guckt das schwedische Familienwappen aus meiner Hose. Und das war, ich habe dann diese erste Szene sehr viel mit dem Rücken zur Wand gespielt.
Meine Kollegen haben sich, also gefühlt waren diese ganzen, also alle Texte waren so ein bisschen gepresst, weil sie die ganze Zeit ihr Lachen unterdrücken mussten. Weil sie wussten, wie es mitgeht. Und das Schöne am großen Theater, wo ich da ja war, ist, dass da ja Leute sind, die mitdenken. Das heißt, das Kostüm-Ensemble, also das Department hier, Kostüm-Department hat das gesehen, ist dann zu viert hoch in den zweiten Stock, hat diese Nähmaschine abgeschraubt vom Tisch, durch die Treppenhäuser wieder runter, dann standen die in den Gassen, meine Szene war runter, ich war nur so, oh mein Gott, und während ich oh mein Gott war, rissen die mir schon die Hose runter und nähten die neben mir und zogen mich wieder an und ich musste wieder raus.
Aber das war innerhalb von Sekunden gefühlt. Also diese erste Szene war sehr, sehr lang und das hat mich, glaube ich, nachhaltig geprägt, dass ich seitdem nur noch sehr gedeckte Unterhosen trage.
Hajo Sandschneider: ich verstehen. Und schön, mit so Profis zusammenzuarbeiten, ne?
Lars Wasserthal: Ja, voll gut. Voll gut.
Hajo Sandschneider: Wahnsinn.
Lars Wasserthal: Ja.
Hajo Sandschneider: wir den Menschen hier noch gar nicht erzählt, dass du ja eigentlich den Weihnachtszirkus, ist ja, ich sage jetzt mal Hobby, du machst ja auch sonst irgendwie so Zirkus. Also tatsächlich kennen dich viele, ich glaube gar nicht nur in Paderborn und im Umkreis, sondern auch wirklich überall als, genau, sehr, sehr cool.
Und die Frage an dich ist: Womit überraschen dich die Kinder beim Zirkusprojekt immer wieder?
Lars Wasserthal: Ich mache das jetzt seit 15 Jahren und es gibt wenig, was mich noch überrascht. Heute? Stand ein Zweitklässler in einer Clowns-Reprise auf der Bühne und hat etwas an den Tag gelegt, das kenne ich von Zweitklässlern nicht, also ich nenne es das Rampensaugen, was ich brillant finde, was du brauchst auch ein Stück weit als Künstler.
Er hat halt die, er hat sein, klar, die kriegen ja die Texte von uns und ich kenne die Texte, ich kenne sie in- und auswendig und er kam auf die Bühne, sprach seinen ersten Satz, der natürlich schon ein Witz war, das Publikum reagierte so toll, dass er dann merkte, okay, jetzt richtig und dann, du hast halt gemerkt, wie sehr er das genossen hat, wie sehr er auf diese Pointen raufgegangen ist und so. Also ich musste danach zu ihm gehen und sagen, wie beeindruckend ich das fand.
Ich glaube nicht, dass ihm klar ist, was er gerade für Lob gekriegt hat, aber er hat das so genossen und das Publikum hat ihn so gefeiert. Solche Momente sind natürlich toll für mich als Künstler, weil das mich und mein Künstlerherz so sehr berührt, wenn Kinder schon in dem Alter Sachen so krass ausleben können.
Also dann, das beeindruckt mich.
Hajo Sandschneider: noch, ich habe zwei Kinder, der eine macht einen Scheiß und findet sich toll und wir ihn dann auch und dem anderen ist tendenziell alles schon irgendwie alles ist peinlich, angefangen bei mir, aber bei…
Lars Wasserthal: Wie alt sind deine Kinder?
Hajo Sandschneider: Große ist zwölf, da ist alles peinlich. Und der, darf ich sagen, der kleine Große, der wird jetzt sechs. Und…
Lars Wasserthal: sind 10 und 5 oder jetzt…
Hajo Sandschneider: okay, ist ja ähnlich.
Lars Wasserthal: ungefähr in dem Alter.
Hajo Sandschneider: okay, peinlich, dauert noch ein Jahr.[01:06:00]
Lars Wasserthal: Oh Gott.
Hajo Sandschneider: Ja genau, aber ist doch cool. Und wenn du so als Zirkusdirektor, Regisseur, staatlich geprüfter Fachschauspieler, ich weiß es nicht mehr, Diplom sonst irgendwas, was ist denn deine Superkraft? Also was lässt dich das alles so vermeintlich einfach, leicht?
Lars Wasserthal: Ich glaube, ich glaube, vielleicht schaffe ich es, Menschen zu inspirieren. den Funken, den ich in mir trage, ob es für eine Show ist oder für ein Projekt, für das ich mich begeistere oder, oder, oder, also manchmal auch im ganz Kleinen, wenn ich einfach da sitze und sage, guck mal, das finde ich gerade toll, lass uns da mal drüber reden und so und ich glaube, ich schaffe Emotionen dadurch, dass ich es schaffe, sie zu transportieren.
Also, wenn ich, wenn ich Menschen von meiner Show erzähle oder wenn ich die Artisten, wenn ich denen von unserer Show erzähle, Mensch, du machst das dann so und so und an der Stelle und ich baue dich genau an der Stelle ein, weil gerade das und das im Stück passiert, dann sind die alle so, oh, echt toll, oh, wow, wow, so, also das, ich glaube, ich glaube, ja, ob das jetzt eine Superkraft ist, weiß ich nicht, aber es können bestimmt viele, aber…
Hajo Sandschneider: höre dir schon unheimlich gerne zu heute Abend, aber letzte Woche eben auch. Du hast nicht die meiste Energie von den Vortragenden auf die Bühne gebracht, aber es war so ein bisschen, also es hatte für mich auch ein bisschen was Andächtiges dabei, dir zuzuhören, weil du so eine ruhige Art hast.
Ja, aber das war, also ich bin da ganz bei dir. Das war ja schon auch inspirierend. Und naja, das war ja fernab von deiner normalen Rolle, würde ich mal sagen.
Lars Wasserthal: Absolut.
Hajo Sandschneider: Genau. Okay. Ich schaue so ein bisschen auf die Uhr. Aber die Abschlussfragen, die müssen wir jetzt noch machen.
Lars Wasserthal: Ja, los.
Hajo Sandschneider: wenn du sie nicht gesehen hast.
Lars Wasserthal: noch nicht ins Bett. Alles ist gut.
Hajo Sandschneider: Das ist gut. Und je nachdem, wie schnell und wie lange du brauchst für deine Antworten, dauert es dann auch. Was weißt du heute, was du aus heutiger Sicht auch gerne ein bisschen eher gewusst hättest?
Lars Wasserthal: Boah. Äh. Ich glaube, tatsächlich hätte ich gewusst, dass wir jetzt konkret beim Weihnachtszirkus, weil ich es so sehr genieße oder weil meine Frau und ich das so sehr genießen, haben wir ganz häufig dieses, hätten wir es mal früher gemacht. Also, weißt du, hätten wir früher den Mut gehabt zu sagen, das Vertrauen zu haben, dass wir können das, das wird geil, den Mut zusammennehmen, sich das Geld in die Hand nehmen und sagen, so, wir investieren das jetzt, wir machen das jetzt, wir investieren das Herzblut.
Also, hätte ich das früher gehabt, damit ich früher diese ganzen Emotionen empfunden hätte und dann hätten wir jetzt nicht den fünften, sondern den 15. Weihnachtszirkus. Also, ich glaube, das ist… Tatsächlich auch überhaupt gar nicht wegen dem Geld, sondern tatsächlich wegen der Show an sich. Weil es so toll ist.
Man weiß einfach selber, besonders bei meiner Frau, die weiß einfach, die Zeit arbeitet gegen sie. Sie kann nicht ewig Artistin sein. Mich als Schauspieler können sie am Ende tot vor einer Bühne tragen. Das ist bei Artisten einfach anders. Also irgendwann machen die Knie, der Rücken, irgendwas nicht mehr mit und dann fällt das aus.
Und das ist etwas, glaube ich, ja…
Hajo Sandschneider: Dann drücke ich mal die Daumen, dass es noch eine Weile geht, weil auch das ist immer wieder schön. Okay, es gibt so unterschiedliche, ich nenne die Erlebnisse, heurika Momente. Also ich funktioniere extremst gut mit Kalendersprüchen. Manche mögen das nicht so sehr. Andere sagen das Buch oder die Person oder der Ratschlag, was der eine Mensch mir da mal gesagt hat.
Und da gab es bestimmt ganz, ganz viele in deiner Karriere, gerade auch in der Ausbildung als Schauspieler, Regisseur, kann ich mir vorstellen. Drei davon würden mich mehr interessieren. Also kann gerne ein Kalenderspruch sein, kann auch irgendwie ein Buch sein, was du mal gelesen hast, was…
Lars Wasserthal: mich nachhaltig verändert hat.
Hajo Sandschneider: wirklich sozusagen verändert hat, wo du…
Lars Wasserthal: es gibt tatsächlich einen einzigen Moment, also anders, wenn man ab einem gewissen Alter guckt man ja zurück und sagt, wäre mein Leben anders verlaufen, hätte ich irgendwann eine andere Entscheidung getroffen. Und es gibt ja diese ganzen Theorien mit hier, da schlägt ein Schmetterling da und dann fällt da ein Sack Reis um oder keine Ahnung.
Bin ich jetzt eigentlich gar nicht so ein großer Freund von, weil ich immer denke, ja, vieles ist auch irgendwie, das entsteht aus dir selber. Wäre es nicht dann entstanden, dann wäre es irgendwann anders entstanden oder so. Aber es gibt tatsächlich einen Moment, in einer Sekunde habe ich einen Menschen getroffen und wäre ich ihm nicht begegnet, wäre mein Leben faktisch anders verlaufen. Und das war nach meiner Schauspielausbildung. Ich hatte gerade einen Film gedreht und war auf der Suche, nee, ich war auf dem Weg zu meiner ehemaligen Schauspielschule, weil dort haben viele von den Schülerinnen und Schülern waren Komparsen in dem Film und ich wollte denen von der Premiere erzählen.
Ich wollte ein Plakat aufhängen für den Film, der sollte in Hamburg in einem Kino laufen und ich hatte das Plakat unter dem Arm und ich gehe auf den Weg zur Schule und an einer Ampel treffe ich meinen ehemaligen Fechtlehrer. Und ich sage, Mensch, Joe, du hier. Und er sagt, ja, klar, ich komme hier gerade vom Unterricht und so.
Mensch, wie geht es dir? Gut, da habe ich einen Film gedreht und so weiter. Und ich sage, Mensch, der Film hat in zwei Wochen Premiere. Kino da, willst du nicht kommen zur Premiere? Und dann sagt der zu mir, nee, ich kann da nicht, da bin ich gerade in Japan, aber… Wochen später, also heute in vier Wochen, habe ich ein Casting für den Heidepark. Willst du da nicht kommen? Für eine Piratenshow? Okay. Zu dem Zeitpunkt habe ich in Bremen am Theater gespielt. Ich hatte ein Engagement. Ich war vertraglich fest. Ich brauchte nichts. Und ich wusste, wie ihr arbeitet. Und ich dachte, das wäre so ein Wochenendding.
Hajo Sandschneider: Hm.
Lars Wasserthal: Am Freitag los, dann irgendwelche Firmen feiern und dann am Montag sitze ich wieder im Theater.
Und ich so, ja, klar, warum nicht? Und dann bin ich zu diesem Casting, vier Wochen später. Und im Casting sagen sie mir, ja, sind sie denn frei? Und ich sage, ja, sie müssen mir mal sagen, wann. Weil ich weiß noch gar nicht, wann das ist. Also ich arbeite am Theater. Ja, am 1. März. Und ich sage, okay, das ist ein Freitag. Und dann bis wann?
Ja, bis zum 31. Oktober. Und ich so… Jeden Tag? Oder wie? Ja, ja. Oh, okay. Ja. Und so begann ja meine Showkarriere. Also vorher war ich halt tatsächlich nur am Theater und im Fernsehen und Kino und das war halt alles irgendwie sehr, sehr schauspiellastig. Und über dieses Casting in den Heidepark, dadurch ging meine ganze Showkarriere los.
Da habe ich meine Frau kennengelernt, da haben wir geheiratet. Ohne meine Frau gäbe es den Weihnachtszirkus nicht, meine tollen Kinder, mein ganzes Leben nicht. Das heißt, wenn ich zurückverfolge, hätte ich an dem Tag einen Bus später genommen und meinen ehemaligen Fechtlehrer nicht an der Ampel gesehen, wäre ich niemals zu diesem Casting eingeladen worden.
Und das ist tatsächlich ein Moment in meinem Leben, den es gibt, wäre der anders verlaufen, wäre mein komplettes Leben anders gewesen. Ja. Aber davon habe ich nur ein Erlebnis, aber ich glaube, es reicht.
Hajo Sandschneider: Ja, also ist ja schon ein relativ krasses Erlebnis. Genau. Und du, ich habe nur nach einem Kalenderspruch gefragt.
Lars Wasserthal: Tut mir leid.
Hajo Sandschneider: Na, alles gut. Das ist ja genau das. Und tatsächlich habe ich jetzt eine Idee. Also nach dem Kalenderspruch, nach der, welche Weisheit hat dich so ein bisschen geprägt, frage ich ja meistens. Manchmal lernt man ja auch, man kennt nicht alle Personen, aber die Vorbilder von Menschen lassen ja auch drauf schließen, was sozusagen dahinter passiert.
Welche drei Personen sind denn aus deiner Sicht einfach erfolgreich? Also können lebend sein, gerne, können aber auch tot sein, können auch Fantasiewesen sein. Aber wer ist aus deiner Sicht einfach erfolgreich und sollte auch hier mal ins Gespräch eingeladen werden?
Lars Wasserthal: Oh, okay. Ich wäre jetzt bei Barack Obama gewesen, aber den kriegst du wahrscheinlich nicht.
Hajo Sandschneider: denke, ja, ich habe gehört, der…
Lars Wasserthal: schreib ihn mal auf.
Hajo Sandschneider: siebenstellige, ich schreibe ihn mal auf. Ich habe gehört, der hat eine siebenstellige Gage, das kann ich mir aktuell noch nicht leisten.
Lars Wasserthal: Wir arbeiten dran. Ich muss unten so einen kleinen Werbebanner immer mitlaufen lassen.
Hajo Sandschneider: Okay, aber ich schreibe Obama auf. Weshalb Obama?
Lars Wasserthal: Also…
Hajo Sandschneider: wen? Barack oder Michelle?
Lars Wasserthal: nee, Barack. Also der hat mich tatsächlich, seitdem der auf der Bildfläche aufgetaucht ist, hat der mich gekriegt mit seiner Art. Vielleicht weil sie meiner ähnelt, also dieses ruhige, besonnene, ich denke kurz darüber nach, wir finden eine Lösung, lass uns das mal hier irgendwie und so. Das hat mich sehr, sehr, sehr gefallen. Also wie der, ähm, und auch, wie vorbereitet der in jedes Gespräch gegangen ist, wie der seine Nächte sich um die Ohren geschlagen hat, um noch irgendwelche Sachen zu lesen, damit er auch ja den Leuten am nächsten Tag Rede und Antwort stellen kann, das hat mich immer sehr, sehr beeindruckt.
Ich habe ein paar Reportagen über den gesehen, wie er arbeitet, wie er denkt, aber gleichzeitig, also was für ein Familienmensch er ist, wie sehr er das dann auch lebt, also wie sehr er sein Privatleben lebt und liebt und so. Also genau diese Balance dazwischen, dass er seine Frau und seine Kinder liebt und trotzdem so krasse Entscheidungen fällen kann, darf, so.
Und also, der hat mich wütend. Wirklich, wirklich beeindruckt. Ob das jetzt ein Vorbild ist? Weil ich finde, das Wort Vorbild finde ich ja immer so ein bisschen schwierig, weil das ist so wie, ich hänge mir ein Poster von jemandem an die Wand und sage, ich möchte so sein wie du. Und das ist dann, das ist der Ansporn, um irgendetwas zu…
Hajo Sandschneider: an der Stelle, wäre es ja auch ein, ich möchte gerne so sein, wie ich dich sehe und mir einbilde, dass dein Leben…
Lars Wasserthal: Ja, ja genau.
Hajo Sandschneider: sehen ja immer nur, genau, es geht mir gar nicht so sehr um, wir haben, ich glaube, du bist einer der Ersten, mit denen ich nicht drüber gesprochen habe, was ist eigentlich Erfolg.
Ein erfolgreiches Rezept kommt später noch, aber die Frage ist ja, wen siehst du als einfach erfolgreiche Person? Heißt ja nicht, dass du in die Fußstapfen treten möchtest.
Lars Wasserthal: genau. Also mit Vorbild bin ich da immer vorsichtig, weil ich denke, das war bei mir tatsächlich im Leben nie der Anspruch. Ich sehe jemanden und sage, ich möchte so sein wie der und der und deswegen arbeite ich so und so an mir oder deswegen hätte ich eine andere Entscheidung, die ich sonst nicht getroffen hätte.
Also so war ich nie. Aber es gibt einfach Persönlichkeiten, die ich unfassbar beeindruckend finde im Leben, in der Welt. Ich bin ein ganz, ganz großer Fan von Charlie Chaplin, aber tatsächlich in künstlerischer Hinsicht. Also sein Privatleben ist sehr durchwachsen gewesen und so, aber… so seine… kindliche Sicht auf so viele brutalste Themen, die haben mich, also die holen mich heute noch ab.
Also heute noch, wenn ich heute irgendwie „Der große Diktator“ gucke, das sind, das sind für, in meinen, in meinen Gefühlswerken sind das Meisterwerke, heute noch, ne, also…
Hajo Sandschneider: heute noch auch, er hat es ja nicht selber geschrieben, aber dieses Gedicht aus der Rede zu seinem 70. Geburtstag, was er dann selber vorgetragen hat, ist auch. Beschreibt das Leben.
Lars Wasserthal: ja,
Hajo Sandschneider: viel mehr weiß er braucht es nicht.
Lars Wasserthal: nee, also das, er, also der hat mich, also künstlerisch hat der mich extrem abgeholt und tatsächlich, ich weiß gar nicht warum, eigentlich bin ich, ich bin ja nicht die Generation Charlie Chaplin, aber ich weiß auch gar nicht, aus welchem Algorithmus heraus, aber irgendwie als ich klein war, lief der im Fernsehen, so und ich fand diese ganzen, ich saß da als sechs-, siebenjähriger vorm Fernseher und ich fand diese ganzen Filme großartig, ne, während andere „DuckTales“ geguckt haben, ne, also fand ich irgendwie, ich fand diese schwarz-weiß-Streifen geil, ich weiß ja auch nicht, was mit dem in mir stimmt, aber…
Hajo Sandschneider: da kommt halt Emotion rüber.
Lars Wasserthal: ja, wahrscheinlich, wahrscheinlich, also der hat mich immer abgeholt und das tut er bis heute.
Hajo Sandschneider: Noch einen dritten Namen oder…
Lars Wasserthal: So, ähm, ähm…
Hajo Sandschneider: Vielleicht ja aus der näheren Welt.
Lars Wasserthal: ähm, wer beeindruckt mich denn noch? Ich, ähm, tja, also wenn ich ganz nahe gehen soll, dann finde ich tatsächlich meine Frau sehr beeindruckend. Sie steht nicht hier, ich muss das nicht sagen. Aber ohne jetzt zu viel zu verraten, aber meine Frau hat vielleicht nicht das schönste Leben hinter sich. Und trotzdem, besonders wenn sie ihre Artistik macht, hat die ein so innerliches Leuchten, was ähnlich wie wenn ich rede und Menschen inspirieren kann, das macht die mit ihrer Artistik.
Also es gab ein, ich weiß noch, es gab eine Show vor zwei, da hat sie Hula Hoop gemacht. Und das war so eine wahnsinnig erotische Nummer mit viel Getanze und so weiter. Und wir hatten ja ein Tanzensemble, ein unfassbar gutes Tanzensemble. Und diese Mädels von diesem Tanzensemble sind, weil sie in der Zeit nicht dran waren, sind immer in Hoodies unter dem Publikum langgelaufen nach vorne und haben sich das angeschaut, wie Sabrina gearbeitet hat.
Weil sie das so schön fanden.
Hajo Sandschneider: warum haben die Hoodies angezogen?[01:22:00]
Lars Wasserthal: Damit man sie nicht erkennt. Damit sie nicht gesehen werden. Ja,
Hajo Sandschneider: Also das Teil mit dem, damit man sie nicht erkennt, der hat nicht funktioniert. Aber ich fand das cool, dass da die… Also da ist auch die… Und echte Bewunderung. Also die haben neben uns gestanden. Also ich habe die gesehen, die Mädels.
Lars Wasserthal: Und das war, ich finde meine Frau unfassbar beeindruckend und mit was für einer Disziplin und Kraft und Leidenschaft sie ihrem Beruf nachgeht und so viele Opfer in ihrem Leben gebracht hat, wo jeder normale Mensch schon lange, lange, lange aufgegeben hätte, weil es einfach zu schwer ist, zu weh tut, keinen Spaß bringt, zu lange dauert, bis man erfolgreich ist.
Das finde ich, ja, und das sage ich nicht, weil ich sie liebe, das tue ich von ganzem Herzen, aber ich finde sie unfassbar beeindruckend.
Hajo Sandschneider: mal an der Stelle können wir doch das nochmal bringen. Du hast das am Freitag so schön gesagt. Ihr habt Leidenschaft, aber ihr leidet auch, damit ihr was schafft.
Lars Wasserthal: Ja, ja genau, also das trifft es bei meiner Freundin extrem, ja, das stimmt.
Hajo Sandschneider: Guck mal, und wir haben diesen Kalauer-Kalenderspruch auch noch dazu. Sehr, sehr schön. Lars, was lernst du selber noch, was du besser können möchtest?
Lars Wasserthal: Ich würde so gerne mehr Sprachen können. Das ist tatsächlich etwas, was mir so ein bisschen abgeht, weil meine Zeit das nicht zulässt. Meine Frau lernt gerade ganz fleißig zum Beispiel. Ich bin immer ganz, ganz neidisch, weil sie hat jetzt mit Italienisch angefangen und Spanisch angefangen und so. Ich bin dann immer, wenn sie dann da redet, ich finde das immer großartig, weil wir natürlich, das nützt uns ja auch beruflich, weil wir ja mit so wahnsinnig vielen Künstlern zusammenarbeiten.
Also ich würde wahnsinnig gerne mehr Sprachen sprechen. Ich spreche aber nur vier, aber es ist manchmal zu wenig.
Hajo Sandschneider: Immerhin, immerhin. Okay, sehr schön. So, jetzt, vielleicht haben ja ein paar Menschen den Gedanken gefasst, dass sie mehr von dir hören, sehen, dich erleben wollen. Was ist denn der Weg zu dir? Also alles, was du jetzt sagst, müssen wir hinterher in die Shownotes packen.
Lars Wasserthal: Ja,
Hajo Sandschneider: wo gibt es mehr von dir?
Lars Wasserthal: Also klar, für die breite Öffentlichkeit ist natürlich der Weihnachtszirkus das Ziel der Wahl. Da gastieren wir jedes Jahr zur Weihnachtszeit, immer irgendwann Anfang Dezember bis Anfang Januar. Gastieren wir mittendrin am Wilhelm-Kaufmann-Platz mit unserem Paderborner Weihnachtszirkus. Letztes Jahr hatten wir da 46.000 Gäste und nur noch wenig Luft nach oben.
Und die Plätze werden nicht mehr. Wir haben dieses Jahr jetzt schon, wir haben jetzt Mitte September, wir nähern uns der 50% Auslastungsgrenze gerade, was den Ticketvorverkauf angeht. Also wer mich, wie du, aus der zweiten Reihe sehen will, der sollte sich jetzt beeilen. Weil es gibt nicht mehr so wahnsinnig viele Shows, wo überhaupt noch zweite Reihe Plätze zu finden sind.
Ich freue mich natürlich über ganz, ganz viele bekannte Gesichter in den Shows. Viele Menschen, die wiederkommen. Das ist tatsächlich so ein bisschen Tradition geworden bei ganz, ganz vielen. Aber ich freue mich natürlich über auch ganz viele neue Gesichter, die wir aufs Neue verzaubern dürfen und vielleicht eine neue Tradition in Familien schaffen dürfen.
Hajo Sandschneider: Sehr cool. Also der Link kommt in die Shownotes. Suche ich selber noch aus.
Lars Wasserthal: Sehr gut.
Hajo Sandschneider: Und unsere Tickets sind schon gekauft. Ich weiß noch nicht, an welchem Datum, weil tatsächlich habe ich auch eine fantastische Frau und die hat sich darum gekümmert.
Lars Wasserthal: Ja, siehst du?
Hajo Sandschneider: So, es gibt ja nicht das eine einfache, erfolgreiche Rezept, aber wenn du eins hättest, wie würde das denn lauten in kurzen prägnanten…
Lars Wasserthal: Das ist natürlich auch echt schwierig. Also, wenn man einfach erfolgreich sein könnte und das alles in einem Satz sagen könnte, dann wäre es ja jeder. Also,
Hajo Sandschneider: Naja, also wir können auch erst mal noch, oder pass mal auf, wir haben die Erfolgsdefinition ja noch gar nicht gemacht, aber wann ist für dich eine Show erfolgreich? Also wenn wir in einem Jahr sprechen, die, was ist das „Die Schöne und das Biest“-Show, ist erfolgreich gewesen, weil…
Lars Wasserthal: die… eine Show misst man an Zuschauerzahlen, glaube ich, dass man einfach sagt, guck mal, so und viele Leute haben wir begeistert. Man misst eine Show an Reaktionen, das heißt, was kriegt man für Nachrichten, was kriegt man für persönliche Gespräche nach der Show. Ich liebe es nach den Shows, besonders nach der zweiten, weil da habe ich die Zeit, nach der Show einfach auch im Vorzelt zu stehen, während die Leute rausgehen und die Menschen zu verabschieden, weil da habe ich…
Die schönsten Gespräche oft, weil dann einfach Leute zu mir kommen und dann anfangen zu weinen und mir danken dafür, dass ich das anfange mit meinem Leben, weil gerade in deren Leben das und das passiert ist und ich deren Abend heute aus A, B und C Gründen schöner gemacht habe. Wie toll, also wie großartig ist denn das bitte?
Also oder ich habe genau das Richtige zum richtigen Zeitpunkt gesagt und ich nehme das jetzt mit und so, wie dein Sohn der dann sagt, guck mal, da habe ich was von, was der da gerade gesagt hat, das nehme ich mit, das packe ich ein, das packe ich in eine Schublade und brauche das irgendwann und ich glaube, das macht eine Show erfolgreich.
Natürlich am Ende für so einen Geschäftsführer und für meinen Steuerberater zählen am Ende Zahlen, da geht es um Zuschauerzahlen, da geht es um Ticketerlöse, da geht es um, hat das alles, sind wir in den schwarzen Zahlen gelandet und wenn ja, wie hoch, aber für mich ist eine Show… Erst dann erfolgreich, wenn sie auch emotional erfolgreich ist.
Also, weil die Tickets werden ja zum Beispiel jetzt gerade gekauft als Vorschusslorbeeren. Also, wir werden vielleicht bis zum Tag der Premiere schon nahezu ausverkauft sein, ohne dass irgendjemand weiß, was wir da tun. Das heißt, wir haben das Geld umgebracht.
Hajo Sandschneider: beim ersten Mal größeres Risiko würde ich…
Lars Wasserthal: du weißt, wie ich das meine. Also, dass die Leute sagen, das wird schon.
Aber vielleicht so. Und emotional ist die Show natürlich dann toll, wenn wir es, und das haben wir bisher tatsächlich, es gab keine Show, wo es keine stehenden Innovationen gab. Und wenn die Leute dieses Jahr sagen, ja, war gut, ich will mein Geld nicht zurück, aber aufstehen nur höchstens wenn ich zum Auto gehe, dann weiß ich nicht, ob ich da so emotional, dann würde ich mich hinterfragen müssen.
Hajo Sandschneider: Jetzt hast du ja schon ein bisschen Erfahrung. Ich bleibe dran an dem Rezept. Was glaubst du denn, was du brauchst, damit du zumindest sagen kannst, ich habe alles in die Waagschale gelegt, was ich habe, um hinterher das Emotionale ausgelöst zu haben?
Lars Wasserthal: Naja, also als ich angefangen habe, mir Gedanken über diese Show zu machen oder diese grundsätzliche Show Weihnachtszirkus, diese Mischung der Genren, da haben mir ganz viele Kollegen aus den unterschiedlichen Showbranchen gesagt, lass das. Das funktioniert nicht, das wollen die Leute nicht. Wer ins Zirkus will, will ins Zirkus.
Wer ins Musical geht, der geht zum Musical. Und wer ein Comedian sehen will, der geht sich ein Comedian angucken. Und ich habe gesagt, weil mein Ansinnen war ja, ich will das ja alles zusammen. Ich will das ja alles zusammen in einer Show haben. Weil ich glaube, du Menschen heutzutage nur noch dann kriegst, wenn du denen etwas bietest, was es so noch nicht gibt.
Und, wenn du unsere Show kleinschlägst—also zerstückelst und in kleine Snippets nimmst—dann gibt es all das, kannst du auf YouTube dir angucken. Du kannst den Artisten sehen, der da und da aufgetreten ist. Du kannst das Lied sehen, das hat die und die mal da und da gesungen. Klar, vielleicht mal einen anderen Text.
Oder du kannst ein tolles Kostüm sehen. Du kannst das alles sehen. Aber in dieser Kombination gibt es das halt nicht. speziell zur Weihnachtszeit, also da, wo die Leute sagen, guck mal, die Familie kommt zusammen und wir haben jetzt nun mal hier am Tisch sitzen Oma, Opa, Mama, Papa, zwei jugendliche Kinder, die alle im Grunde unterschiedliche Interessen haben.
Sprich die einen würden gerne ins Musical, die anderen würden aber lieber gerne ins Theater, die anderen wollen sich einen Zirkus angucken und die letzten wollen sich einen Comedian ansehen oder ins Ballett oder so. Und damit kriege ich sie halt am Ende irgendwie alle, weil alle haben was davon. Und das macht es, glaube ich, am Ende besonders und vielleicht auch erfolgreich.
Hajo Sandschneider: Das stimmt. Ich warte immer noch auf die, wie der Satz weitergeht. Am Anfang haben sie die alle gesagt, lass das.
Lars Wasserthal: Ach so, na ja, also die haben alle gesagt, lass das, und jetzt beginnen sie uns zu kopieren. Also es ist das höchste Lob, also das alteingesessene Unternehmen, die seit 30 Jahren oder was Weihnachtszirkus machen und uns dann erzählen wollten, wie man es macht, dass die plötzlich ein Jahr, nachdem wir die Schneekönigin gespielt haben, die Schneekönigin spielen. Also am Ende, weißt du, ganz ehrlich, ich empfinde das ja mehr oder weniger als Lob. Also wenn ein anderer sagt, mach uns nach, bin ich dann derjenige, der, du, ganz ehrlich, es ist ja was anderes, sollen sie doch.
Hajo Sandschneider: Und tatsächlich, während du jetzt von Clown gesprochen hast, ich weiß nicht, woher den, ich glaube, es war vor zwei Jahren, sehr, sehr cool mit den Luftballons und sonst irgendwas, Motorradfahren, und du würdest nicht glauben, wie oft das in unserer Familie noch, das ergibt für niemanden der die Show nicht gesehen hat, irgendeinen Sinn und wahrscheinlich für niemanden außerhalb unserer Familie, aber das ist, das muss wirklich zwei Jahre her sein.
Lars Wasserthal: vor zwei Jahren war es Clown Momo, der mit dem Zylinder mit dem schwarzen, war es der?
Hajo Sandschneider: Und sehr nicht Clown-like, würde ich sagen.
Lars Wasserthal: tatsächlich. Also das ist ja auch so etwas, also ich mag ja, das darf ich in meiner Branche ja gar nicht so laut sagen, aber ich mag klassische Clowns nicht so sehr. Also dieses ganz klassische rote Nase, weißes Gesicht, Haare und dann ist nicht so meins. Also ich kann dem nicht, ich finde es weder witzig noch kann ich dem irgendwie auch künstlerisch viel abgewinnen.
Es ist einfach nicht meins. Ich war hier im größten oder einem der größten amerikanischen Zirkus—nein, der größte amerikanische Zirkus, bevor er zugemacht hat—mit Ringling Brothers und die machen das ja quasi auf Maximal-Level. Also die haben dann nicht ein Clown, die haben dann zwölf und die machen dann, ja ist ja so, also Amerika ist ja mal, uns reicht nicht eine Manege, wir haben drei gleichzeitig, drei Acts gleichzeitig.
Du weißt nicht, wo du hingucken sollst, weil so viel passiert gerade und du kannst, also du kannst die Künstler schon nicht mehr wertschätzen, weil es so viele sind. Jedenfalls hatten die zwölf Clowns und die haben zu zwölf eine Tortenschlacht gemacht, wie in den 40er Jahren. Das war in den 40er Jahren lustig und ich saß da, ich fand es ein bisschen fremdschämmmäßig. Also zu klassischen Clowns habe ich so ein gestörtes Verhältnis, aber deswegen suche ich mehr tatsächlich in die Richtung Comedy, also Comedian. fand die beiden Clowns, die wir letztes Jahr hatten, auch einfach zum Niederknien großartig. Die haben wir im Grunde auf einem Street-Festival in Spanien gefunden.
Hajo Sandschneider: die mit den Hüten da, ne?
Lars Wasserthal: Ja ja, genau. Mit dem Pfeil und Bogen, der dann am Ende auf der Glatze trifft und so. Also Ideen und also so witzig und so kleine, süße, einfach tolle Kollegen und so. Also, ja.
Hajo Sandschneider: Ich könnte noch stundenlang mit dir sprechen und wir sollten das zum Ende bringen.
Lars Wasserthal: ja, privat mal nachholen.
Hajo Sandschneider: genau. Ich bin mir auch sicher, es ist sehr viel dabei gewesen. Während du gesprochen hast, ich habe es nicht immer kommentiert, aber ich habe sozusagen das, was ich morgen wieder im Trainingsraum mache. Du scheinst das entweder gut gelernt zu haben oder bist ein Naturtalent, was das angeht. Und ich bin mir sicher, dass die Trainingsteilnehmer von mir das direkt haben zuordnen können, wie das auf Strukturebene sozusagen passiert.
Von daher, das wirkt nach außen hin leicht und da passiert, glaube ich, unter der Haube sehr, sehr, sehr viel Richtiges. Lieben Dank für deine Zeit und für die wertvollen Impulse, Einsichten, auch mal den Blick hinter die Kulissen. Gibt es bei euch irgendwie so ein Ritual nach der Show sozusagen? Ich weiß es nicht, was man da so macht, um jetzt zu sagen, hier machen wir die Show für heute zu.
Gibt es irgendwas, was man sich so sagt oder wünscht oder auf die Schultern klopft, was wir jetzt hier machen können?
Lars Wasserthal: Also tatsächlich, sowas gibt es ja nur vor den Shows. Also vor den Shows wünscht man sich natürlich immer alles Gute, Hals- und Beinbruch und so sagt man ja immer gerne und über die Schulter spucken, was es da nicht alles gibt. Vor den Shows nimmt man sich dann immer ganz, ganz herzlich in den Arm und schickt einem ganz, ganz viel Energie und so.
Und da entstehen tatsächlich Rituale hinter diesem roten Vorhang. Das weiß das Publikum ja nicht. Und was war es denn letztes Jahr bei Cinderella? Ich kriege das gar nicht mehr zusammen. Ich weiß immer, ich stand neben Steffi, die unsere Stiefmutter gespielt hat. Ach hier, letztes Jahr war es „Pommes and Fries“, also hier. Und dann in den abgespacedesten Varianten so, machen wir noch eine Show? Wie viele Shows haben wir noch? Alles klar, machen wir noch eine Show. Und das war so, diese letzten drei Minuten, draußen war schon ruhig und die Musik lief schon wieder hinter der Show. Also vor der Show passiert meistens viel, viel mehr.
Nach der Show ist tatsächlich so dieses Emotionale, es ist etwas zu Ende und wir gehen an die Bar und trinken Glühwein. Also das, ja, bei mir ist es dann meistens der Kinderpunsch, das ist eh mein Lieblingsgetränk am Weihnachtszirkus, weil ich ja als Geschäftsführer noch die Kasse zählen muss und das macht sich mit zwei Glühweinen im Blut blöd.
Hajo Sandschneider: ist das. Na gut, den Glühwein habe ich heute nicht im Angebot, aber ich sage nochmal ganz, ganz, ganz lieben Dank.
Lars Wasserthal: Sehr gerne. Dir einen schönen Abend. Bis denn.
Ciao.
Lars Wasserthal ist staatlich geprüfter Diplom-Fachschauspieler, Regisseur und Zirkusdirektor. Meisterhaft jongliert er seit Jahren zwischen Kunst, Pädagogik und Unternehmertum. Als kreativer Kopf und Macher hinter Projekten wie dem Paderborner Weihnachtszirkus und dem Circus Phantasia führt er nicht nur Kinder durch die Manege, sondern auch Künstler-Teams durch kreative Prozesse. Dabei versteht er sich weniger als „Big Boss“, sondern vielmehr als empathisches Bindeglied, das für sein Team immer nur eine WhatsApp-Nachricht entfernt ist.
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